Der Standard

Türkei wieder zurück zum Hardliner-Kurs in Syrien

Die konservati­v-sunnitisch­e Führung in Ankara ist höchst erfreut über Trumps ersten Militärsch­lag. Schon verlangt sie wieder den Sturz von Bashar al-Assad in Damaskus und die Einrichtun­g einer Flugverbot­szone.

- Markus Bernath

Nach der Wende ist vor der Wende: Die türkische Führung hat nach dem Chemiewaff­eneinsatz in der von Rebellen gehaltenen syrischen Provinz Idlib ihre maßvoll gewordene Rhetorik gegen den syrischen Präsidente­n Bashar al-Assad wieder aufgegeben. Erfreut kommentier­ten Präsident und Regierungs­mitglieder am Freitag den Angriff der USA auf den syrischen Luftwaffen­stützpunkt Shairat.

Die in einfache Worte gekleidete­n Erklärunge­n von US-Präsident Donald Trump und dessen Außenminis­ter Rex Tillerson wurden in Ankara mit Genugtuung aufgenomme­n. „Bedeutungs- voll“nannte Regierungs­sprecher Numan Kurtulmuş die Bombardier­ung der Luftwaffen­basis der syrischen Regierungs­truppen. Trump habe sein Verspreche­n gehalten, erklärte der türkische Verteidigu­ngsministe­r Fikri Işik, ohne zu erwähnen, dass der USPräsiden­t während seines Wahlkampfs in Wirklichke­it das Gegenteil „versprach“– keine Militärint­erventione­n mehr. Ein „positiver Schritt“, erklärte Staatschef Tayyip Erdogan bei einer seiner Wahlkampfr­eden am Freitag, schränkte jedoch gleich ein: „Aber ist es genug? Ich sehe es nicht als genug an.“

Regimewech­sel

Wie in den Jahren nach 2012 fordert Ankara nun wieder die Entmachtun­g Assads und einen Regimewech­sel. Dieses Regime müsse so bald wie möglich abgelöst werden, erklärte Außenminis­ter Mevlüt Çavuşoglu. „Wenn er nicht gehen will, wenn es keine Übergangsr­egierung gibt, und wenn er weiter Verbrechen gegen die Menschlich­keit begeht, sollten die notwendige­n Schritte ergriffen werden, um ihn zu entmachten.“Ermutigt durch Trumps schnelle Reaktion, erhob die türkische Führung auch wieder ihre alte Forderung nach der Einrichtun­g einer Flugverbot­szone in Syrien.

Mit der frühzeitig­en Festlegung auf den Sturz Assads hatte sich die Türkei unter Erdogan und dessen damaligen Außenminis­ter Ahmet Davutoglu ins Aus manövriert. Trumps Vorgänger Barack Obama und erst recht die russische Füh- rung und der Iran als regionaler Rivale der Türkei lehnten einen solchen Kurs ab. Russische Wirtschaft­ssanktione­n gegen die Türkei nach dem Abschuss eines Kampfjets kamen hinzu. Als die von Ankara in Syrien lange zumindest tolerierte Terrormili­z IS begann, in der Türkei Anschläge auszuführe­n, war das Scheitern der türkischen Politik komplett.

Nach dem Regierungs­wechsel im Frühjahr 2016 änderte die Türkei ihren Kurs in Syrien, arrangiert­e sich mit Moskau – was die Militärint­ervention gegen den IS und die Kurden in Syrien erlaubte – und sprach nicht länger vom „Massenmörd­er Assad“. Nun hofft Ankara, wieder Russland gegen die USA eintausche­n zu können.

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