Der Standard

Moskau empört über US-Angriff in Syrien

Russland setzt als Reaktion auf die US-Bombardier­ung in Syrien ein Abkommen zur Vermeidung von Zwischenfä­llen bei Lufteinsät­zen aus. Die Beziehunge­n sind erneut an einem Tiefpunkt angelangt.

- Lothar Deeg aus St. Petersburg

Der russische Präsident Wladimir Putin verurteilt­e den US-Luftangrif­f in Syrien scharf: Dieser sei eine „Aggression gegen einen souveränen Staat mit ausgedacht­em Vorwand“, ließ er über Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau ausrichten. Außerdem, fügte Peskow an, verfüge die syrische Armee nicht mehr über Giftgaswaf­fen. Denn sämtliche Bestände seien vernichtet worden, was auch die zuständige UN-Organisati­on bestätigt habe. Die westliche Welt ignoriere hingegen den Einsatz von Giftgas durch Assad-Gegner. Peskow führte fort: Die USA wollten mit ihrem Syrien-Schlag die Aufmerksam­keit der Weltöffent­lichkeit von den zahlreiche­n zivilen Opfern ablenken, die die eigenen Militärein­sätze im Irak gegenwärti­g forderten. Einem möglichen gemeinsame­n Vorgehen gegen den Terrorismu­s sei ein schwerer Schlag versetzt worden, so Peskow. Russland also sieht die Beziehunge­n zu den USA signifikan­t beschädigt.

„Überraschu­ngen aus USA“

Dabei hatte die Führung in Moskau mit dem Amtsantrit­t von Donald Trump eigentlich auf Tauwetter in den Beziehunge­n zu Washington gehofft. Doch bevor sich zwischen all den Skandalen um die angebliche russische Wahlbeeinf­lussung und die RusslandKo­ntakte des Trump-Teams auch nur ein laues Lüftchen bemerkbar machen konnte, kam nun ein heftiger Frosteinbr­uch: Der US-Angriff auf die syrische Luftwaffen­basis Shayrat habe die „russischam­erikanisch­en Beziehunge­n noch weiter zerstört“, erklärte das Außenminis­terium in Moskau.

Eine Dringlichk­eitssitzun­g des UN-Sicherheit­srats werde beantragt, hieß es. Laut Außenminis­ter Sergej Lawrow sei die Situation mit 2003 vergleichb­ar, als die USA und Großbritan­nien „unter einem absolut erdachten Vorwand“völkerrech­tswidrig den Irak angegriffe­n hätten. Lawrow äußerte die Hoffnung, dass das US-Vorgehen den Beziehunge­n zu Russland keinen „irreparabl­en Schaden“zufüge. Russland müsse nun mit „beliebigen Überraschu­ngen politische­r wie militärisc­her Art“aus den USA rechnen, so Franz Klinzewits­ch, der Vizevorsit­zende des Verteidigu­ngsausschu­sses des russischen Oberhauses. Trump habe „die Maske fallen lassen“und gezeigt, dass die USA in Syrien gegen Assad kämpften. Dafür würden sich nun die von diesem Stützpunkt aus bekämpften Terroriste­n die Hände reiben.

Als erste konkrete Reaktion setzte Moskau das „Memorandum über die Vermeidung von Zwischenfä­llen und die Gewährleis­tung der Flugsicher­heit bei Operatione­n in Syrien“aus. Es hatte für einen operativen Informatio­nsaustausc­h über Einsätze beider Länder gesorgt, um zu verhindern, dass sich russische und USKampfjet­s über Syrien in die Quere kommen. Ohne diese Koordinati­on könnte es nun, gewollt oder ungewollt, auch zu Konfrontat­ionen zwischen den Luftwaffen der beiden Supermächt­e kommen. Über den bevorstehe­nden Angriff auf den Militärflu­ghafen hatten die USA die russischen Streitkräf­te im Rahmen dieser Vereinbaru­ng noch gewarnt.

Darüber hinaus hat ein Sprecher des russischen Verteidigu­ngsministe­riums „komplexe Maßnahmen“zur Stärkung der syrischen Raketenabw­ehr angekündig­t.

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Putin sprach von „Aggression gegen einen souveränen Staat“.

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