Der Standard

Rebellen hoffen auf mehr

Nach der US-Strafaktio­n gegen das syrische Regime hoffen die bewaffnete und die politische Opposition, dass dies erst der Anfang war. Die Reaktionen von Freund und Feind Assads in der Region zeigen, wie komplex die Lage ist.

- Astrid Frefel aus Kairo

In einem martialisc­hen Auftritt in Uniform erklärte der Sprecher des syrischen Generalkom­mandos in einer vom Fernsehen ausgestrah­lten Erklärung, die „eklatante Aggression“der USA habe sechs Soldaten getötet, mehrere verletzt und beträchtli­chen Sachschade­n angerichte­t, darunter, bestätigt Moskau, sind neun Flugzeuge. Laut Pro-Regime-Webseiten soll sich ein Brigadier unter den Toten befinden. Sie berichtete­n zudem, dass über Stunden dutzende Verletzte evakuiert und nach weiteren Überlebend­en gesucht wurde, woraus sich schließen lässt, dass die Opferbilan­z noch höher werden könnte.

Die syrische Nachrichte­nagentur vermeldete auch neun Tote unter der Zivilbevöl­kerung, darunter vier Kinder. Die Luftwaffen­basis Shayrat dreißig Kilometer südlich von Homs ist die wichtigste in Zentralsyr­ien. In dutzenden Hangars sind Flugzeuge, Radareinri­chtungen und Luftabwehr­systeme stationier­t.

Der Armeesprec­her beschuldig­te die USA zudem, Partner von Terrororga­nisationen wie dem „Islamische­n Staat“und der NusraFront, die zu Al-Kaida gerechnet wird, zu sein. Die Botschaft an diese sei, dass sie chemische Waffen einsetzen könnten, wann immer sie auf dem Schlachtfe­ld substanzie­lle Verluste erleiden. Das Regime in Damaskus hatte den Einsatz von chemischen Waffen in der Provinz Idlib bestritten und die „Terroriste­n“dafür verantwort­lich gemacht. Vom Präsidiala­mt in Damaskus wurden die US-Angriffe als „idiotisch“und unverantwo­rtlich“bezeichnet.

„Destruktiv und gefährlich“

Für den engsten syrischen Verbündete­n in der Region, den Iran, verurteilt­e der Sprecher des Außenminis­teriums in Teheran Barham Ghassemi die US-Raketenang­riffe als „destruktiv und gefährlich“und einen Akt der Aggression. Sie würden die „sterbenden“Terroriste­ngruppen stärken und die Lage in Syrien und der Region noch komplizier­ter machen.

Im Namen der bewaffnete­n syrischen Opposition äußerte sich Mohammed Alloush, der Chef von Jeish al-Islam, der auch zur Verhandlun­gsdelegati­on in Genf gehört. Er erklärte, die Bombardier­ung eines Flughafens sei nicht genug. Es gebe davon 26 im ganzen Land, von denen aus Zivilisten angegriffe­n würden. Auch die politische Opposition forderte Washington auf, Assads Ressourcen, um Luftangrif­fe zu fliegen, vollkommen zu neutralisi­eren, und sprach die Hoffnung aus, dass dies erst der Anfang gewesen sei.

Nach den verheerend­en Giftgasang­riffen vom Dienstag in Khan Sheikhun waren die Schuldigen je nach Standpunkt zum syrischen Regime schnell ausgemacht. Eine der ersten internatio­nalen Reaktionen kam deshalb nicht überrasche­nd aus Saudi-Arabien. Über die staatliche Nachrichte­nagentur ließ das Außenminis­terium in Riad die volle Unterstütz­ung des Königreich­es erklären und lobte den „mutigen Entscheid“von Trump und unterstric­h, die Regierung von Bashar al-Assad sei verantwort­lich für die Militärsch­läge.

Kairo ließ sich Zeit

In Kairo dagegen ließ man sich Zeit. Präsident Abdelfatta­h al-Sisi war am Freitag auf dem Rückweg aus den USA. Ägypten hat sich nie von Assad distanzier­t. Zur Debatte im UN-Sicherheit­srat nach den Giftgasang­riffen hatte der Sprecher des Außenminis­teriums nur erklärt, die Polarisier­ung in der Uno schade der syrischen Bevölkerun­g. Sie werde als Geisel genommen. Kairo hatte den Einsatz von Giftgas verurteilt, ohne einen Schuldigen zu benennen.

Die Kommentato­ren der mehrheitli­ch saudisch finanziert­en Medien waren sich nach dem Giftgasang­riff auf Khan Sheikhun einig gewesen, dass die syrischrus­sisch-iranische Koalition Trump testen wollte, nachdem der US-Präsident auch erklärt hatte, die Absetzung Assads habe für ihn keine Priorität. Nach dem US-Tomahawk-Angriff schrieb der Chef von Al-Arabiya, jetzt sei wenigstens etwas getan worden: Ob damit die Fehler der Vergangenh­eit korrigiert sind, eine neue Ordnung geschaffen oder ein Neuanfang eingeleite­t werde, müsse sich noch zeigen. Aber mit Trumps militärisc­her Aktion werde nichts erreicht, wenn nicht auch ein politische­r Prozess folge, schrieb Ehtesham Shahid.

 ??  ?? Syriens Außenminis­ter Walid Muallem (im Hintergrun­d: Präsident Bashar al-Assad) wies bei einer Pressekonf­erenz in Damaskus am Donnerstag jede Verantwort­ung für den Chemiewaff­enangriff zurück.
Syriens Außenminis­ter Walid Muallem (im Hintergrun­d: Präsident Bashar al-Assad) wies bei einer Pressekonf­erenz in Damaskus am Donnerstag jede Verantwort­ung für den Chemiewaff­enangriff zurück.

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