Hektische Tiraden gegen Ungarn
Der Fall CEU illustriert den Kampf gegen eine Politik, die nicht dem liberalen Mainstream entspricht
Blättert man in diesen Tagen im STANDARD, stößt auf ein ganzes Gemenge von Berichten, Kommentaren und Interviews über die Central European University, als gälte die Causa derzeit als führendes weltpolitisches Ereignis. Auf den zweiten Blick fällt doch auf, dass da eine konkrete fachpolitische Frage als angeblicher „Feldzug“von Viktor Orbán gegen Soros-Institutionen oder sogar als sein „Krieg gegen den freien Geist“hochstilisiert und beschimpft wird. Angesichts der Vehemenz der Kritik kann man aber erkennen, dass hier in Wahrheit ein Kampf gegen eine Politik Ungarns geführt wird, da diese nicht zum von liberalen Medien „erwarteten“Mainstream passt.
Bei diesen oft hektischen Tiraden müssen wir leider auch merken, mit welcher Großzügigkeit wichtige Tatsachen beiseitegeschoben werden. Vielleicht hätte man sich die Mühe geben sollen zu recherchieren, worum es genau im betroffenen Gesetz geht. Deswegen möchte ich auf einige relevante Fakten hinweisen, die – trotz des immensen Umfangs der Berichte – an dieser Stelle noch nicht erschienen sind.
Immer wieder wird hier über „Lex CEU“, also über eine Anlassgesetzgebung geschrieben – wobei nie geklärt wird, was der eigentliche Anlass zur neuen Regelung war. Das ungarische Unterrichtsamt hat Ende 2016 eine ausführliche Überprüfung bei allen in Ungarn tätigen 28 ausländischen Universitäten durchgeführt, bei denen in 27 Fällen ernsthafte Unregelmäßigkeiten (z. B. fehlende Anerkennung im Herkunftsland) festgestellt wurden.
Deswegen wurde die – ohne Zweifel striktere, aber einheitliche – Neuregelung verfasst, um ähnliche Vorfälle künftig zu vermeiden. Auffallend ist, dass allein die CEU dagegen protestiert, bei
QQallen weiteren Instituten sind die Korrektionen schon im Gang. Ebenso auffallend, dass Washington selbst – trotz Betroffenheit weiterer US-Unis – nur im Fall der CEU Einspruch erhoben hat. Und eine Nebenbemerkung: Das McDaniel College – ebenfalls ein USInstitut, ebenfalls mit einer liberalen Gesinnung – konnte die Voraussetzungen problemlos erfüllen.
An dieser Stelle wird öfters die CEU als eine der renommiertesten Universitäten Europas gepriesen. Ohne das in Zweifel zu ziehen, darf ich anmerken, dass dazu auch die Erfüllung der – seit Jahren geltenden – gesetzlichen Vorschriften gehört. Dafür wurde bei der erwähnten Überprüfung u. a. Folgendes festgestellt: Der CEU fehlt die Programmakkreditierung, die Uni führt 17 Kurse ohne Registrierung und vernachlässigt die Bekanntmachung der Daten über ihre Tätigkeit.
Der zentrale Vorwurf lautet: Die Gesetzesänderung ist „zielgenau“
QQund ausschließlich gegen die CEU gerichtet – wo eigentlich das Gegenteil der Fall ist. Nur diese Uni hatte bisher das Privileg, aufgrund eines einzigen Lehrprogramms – und ohne im Herkunftsland ausgeübte Tätigkeit – sowohl ungarische als auch US-Diplome ausstellen zu dürfen. Das sicherte einen unfairen Vorteil im Verhältnis zu allen ungarischen und ausländischen Unis. Durch die Neuregelung wird diese Diskrepanz beseitigt und werden einheitliche Rahmenbedingungen eingeführt. Die sind erfüllbar und gefährden keinesfalls die Freiheit des Hochschulunterrichts.
Und nicht zuletzt: Die ungarische Regierung steht allen betroffenen Unis als Gesprächspartner zur Verfügung, um die einheitlichen Voraussetzungen erfüllen zu können. Das gilt selbstverständlich auch für die CEU.
JÁNOS PERÉNYI ist Botschafter Ungarns in Österreich.