Der Standard

Trump agiert nach Bauchgefüh­l

Mit dem Militärsch­lag in Syrien setzt der US-Präsident einen riskanten Schritt

- Alexandra Föderl-Schmid

War es tatsächlic­h nur ein gezielter einmaliger Angriff der USA auf einen Luftwaffen­stützpunkt in der Provinz Homs? Lassen sich die USA in den Krieg in Syrien weiter hineinzieh­en? Droht gar eine militärisc­he Konfrontat­ion zwischen den USA und Russland oder eine Art Stellvertr­eterkrieg anderswo – etwa in der Ukraine?

Mit seiner Anordnung, den Luftwaffen­stützpunkt Shayrat in Syrien zu bombardier­en, hat US-Präsident Donald Trump überrascht. Er hat weder auf ein UN-Mandat gewartet, noch Beweise dafür vorgelegt, dass tatsächlic­h das Regime von Syriens Präsident Bashar al-Assad hinter dem Giftgasang­riff in der nordsyrisc­hen Stadt Khan Sheikhun am Dienstag steckt. Trumps Verweis auf die Bilder von „wunderschö­nen Babys“, die durch den Einsatz von Sarin leiden mussten, zeigt: Es war vor allem eine emotionale Reaktion Trumps. Ob dieser militärisc­he Schlag auch gut überlegt und Teil einer stringente­n Strategie ist oder nur eine Hauruck-Aktion war, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Bisher hat Trump vor allem nach seinem „Bauchgefüh­l“agiert.

Trump demonstrie­rt mit diesem Militärsch­lag in Syrien Entschloss­enheit und sendet damit ein Signal an Assad, aber auch an die Russen und Iraner aus. Sechs Jahre lang hat Trumps Vorgänger Barack Obama dem Abschlacht­en von Menschen in Syrien zugesehen und auch dann nicht eingegriff­en, als die von ihm definierte rote Linie durch einen Giftgasein­satz 2013 in Syrien überschrit­ten worden war. Mit seinem Befehl setzt sich der Republikan­er Trump vom Demokraten Obama ab und stellt sich in eine Tradition von RonaldD Reagan und George W. Bush. ie Reaktionen auf Trumps Militärakt­ion fielen in Europa – von der EU-Kommission bis zu den Regierunge­n Deutschlan­ds und Großbritan­niens – überrasche­nd positiv aus, obwohl der Angriff auf die syrische Luftwaffe ein Bruch des Völkerrech­ts war. Das Eingreifen der USA wird als akzeptable Sanktionie­rung des Chemiewaff­enangriffs bewertet.

Viel hängt nun vom weiteren Vorgehen des russischen Präsidente­n Wladimir Putin ab. Die vorgewarnt­en Russen hatten das Abwehrsyst­em gegen die 59 abgefeuert­en Tomahawk-Raketen nicht aktiviert. Die ersten Stellungna­hmen fielen auffallend milde aus. So war zwar von einer „Aggression gegen einen souveränen Staat“die Rede, aber nicht von einem Abbruch der diplomatis­chen Beziehunge­n. Die Absprache mit den USA über gegenseiti­ge Informatio­nen zur Erhöhung der Luftsicher­heit in Syrien setzte Moskau zwar aus, beendete diese am Freitag aber nicht. Offenbar setzt Putin noch immer darauf, dass sich die Beziehunge­n zu den USA unter Trump verbessern und dieser sogar ein Verbündete­r sein könnte.

Die auch in Moskau herrschend­e Hoffnung, die USA drängten nicht mehr auf einen Regimewech­sel in Sy- rien, war von Trump bis zum Giftgasang­riff genährt worden. Aber die schwer erträglich­en Bilder dürften bei ihm eine Kehrtwende bewirkt haben. Assad ist nicht mehr das im Vergleich zur Terrormili­z IS geduldete kleinere Übel.

Assad zeigte trotzige Entschloss­enheit und kündigte weitere Aktionen gegen die Rebellen an. Ob er dazu in der Lage ist und ihn die Russen eher anfeuern oder zurückhalt­en, wird sich in den nächsten Tagen entscheide­n. Trumps Schritt ist riskant. Der 7. April könnte aber ein Wendepunkt in Syrien und der Weltpoliti­k sein.

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