Schmerz & Erlösung
Tod, Leben und Leiden. Üblicherweise ist das, was im Krankheitsfall, unsichtbar in Spitälern und Schlafzimmern hinter geschlossenen Türen passiert, ein Tabu. Die Ausgangssituation: „Ein junges Mädchen, knapp vor der Matura, wacht eines Tages aus einer Narkose auf und findet einen Sack und eine lange Narbe an ihrem Körper. Ihr Umgang damit im Leben, ihr Wunsch, diesen für sie schrecklichen Zustand zu dokumentieren, waren Auftrag.“Die nun von H. H. Capor als Buch publizierte Fotoserie Verena ist die Dokumentation der Genesung von einer schweren Krankheit. „Es lag mir daran, die Diskrepanz zwischen einer schönen jungen Frau und der ‚Spur des Todes‘ an ihr zu zeigen.“Ein Tabubruch auf beiden Seiten entstand. Aufseiten der Betroffenen, des Fotografen – und nicht zuletzt aufseiten des Betrachters. Irritierend die (bewusste) Intention, die kranke Person als begehrenswert darzustellen. Durch Inszenierungen – als Spiegelbilder der Kunstgeschichte – laden Modigliani & Co zum Voyeurismus ein. Eine heikle Mission. Aber nachvollziehbar – als Hymnus an Leben und Schönheit.
Einen anderen Zugang zum Leben, zur Medizin und zur Heilung von Krankheiten stellt Reiner Riedler in den Fokus seiner Arbeit. Er dokumentierte ausschließlich „lebensrettende Maschinen“. Aber anders als normal. Denkt man bei lebensrettenden Maschinen doch in erster Linie an moderne Gerätschaften, an Computer, Beatmungsgeräte und Roboter. Riedler begab sich auch in die Eingeweide der Medizingeschichte, besuchte das Josephinum und fand äußerst exotisch anmutende Apparaturen. Aus dem Kontext von Ärzten, Pflegern und Patienten herausgelöst, inszenierte er seine leblosen, Leben verlängernden Protagonisten vor monochromem Hintergrund. Als Abstraktion des Seins. Einendes Motto: Carpe diem! Gregor Auenhammer
H. H. Capor, „Verena“. € 50,– / 166 Seiten. Edition Fotohof 2016 Reiner Riedler, „Will. A Photobook about Lifesaving Machines“. € 52,– / 224 Seiten (Englisch/Spanisch). La Fábrica, Madrid 2016