„Hochemotionale“Machtverluste
„Mut in der Ungewissheit“ist heuer das Motto des Jahresforums für die Personalwirtschaft: Es geht um neue Organisationsformen, posthierarchische Strukturen und die Rolle der Personalverantwortlichen.
Rust/Wien – „Alles ist hochemotional, da es vor allem um Machtverlust geht“, antwortet Markus Tomaschitz, Personalchef der AVL List in Graz, auf die Frage nach den emotionalen Zuständen in Unternehmen jetzt mitten in gewaltigen Umbrüchen. Die neuen Organisationsformen seien ja getragen von agilen Formen der Zusammenarbeit, gekennzeichnet von interdisziplinären, selbstständigen Teams. Damit falle die klassische Linienführung weg, Führungskräfte seien in neuen tragenden Rollen als Moderatoren tätig. Personalverantwortliche müssten folglich besonders auf die Organisationsentwicklung achten, ermutigen, begleiten, steuern.
Aktuell, sagt die Personalchefin der A1 Telekom, Sabine Bothe, „bewegen wir uns noch in Hybridstrukturen, also in klassischen und oftmals hierarchischen Organisationsformen, die Schritt um Schritt durch eine Vielzahl von Projekt-, Netzwerk- und funktionsübergreifenden Strukturen ergänzt werden.“
Mut für die Neugestaltung ist folglich ein großes Thema beim diesjährigen Jahresforum für die Personalwirtschaft (Power of People, PoP) in Rust. „Auf der derzei- tigen Stufe der Transformation der Arbeitswelt ist gestalterischer Mut gefragt“, sagt die Gastgeberin des Jahresforums, Romy Faisst (Business Circle). So lange hinausschieben, wie es geht, könne nicht die Haltung von Personalverantwortlichen sein. Alle stünden vor der Frage: „Was soll bleiben, was soll sich wohin verändern, und wo ist ganz neu zu starten?“Daher lautet das Motto der PoP 2017: „Mut in der Ungewissheit: keep – shift – reset“.
„Ich möchte dem Mut gerne seine Schwester, die Neugierde, zur Seite stellen“, so Bernhard Reisner, Personalchef der Miba und Fachbeirat der PoP. „Fail fast, learn fast“, so Reisner, sei eigentlich der einzig mögliche Weg durch disruptive Veränderung in Hochgeschwindigkeit.
Probieren, Lernen, Umsetzen
„Mut braucht es an allen Fronten“, schließt Markus Stoisser, im Softwarehaus Haufe Umantis „Design Thinking Bridgehead & Innovation Advisor“: „Führungskräfte müssen sich darauf einlassen, dass jegliche Änderung auch zu nicht klar vorhersehbaren Lösungen führt – die beinhalten dann auch den einen oder anderen Feh- ler.“Es gehe für alle darum, gewohnte Muster zu verlassen, sich auf neue, „teilweise anfangs chaotisch“wirkende Zugänge einzulassen.
Welche Emotionen nimmt er in Organisationen derzeit wahr? „Von Verärgerung über Depression, Verwirrung und Hilflosigkeit bis zu Angst reicht das Spektrum aktueller Kulturforschungen. Aber auch Hoffnung, Neugierde, Stolz und Zuversicht reihen sich in die emotionalen Licht- und Schattenseiten. Wo eine Krise – sofern man den Bedarf für Veränderungsprozesse so bezeichnen möchte –, da viele Chancen.“
Frage an Markus Tomaschitz: „Was bleibt?“„Was sicher bleibt, sind Verantwortung, Selbstorganisation des Einzelnen. Eine Form von Projektorganisation wird bleiben. Alles, aber auch wirklich alles andere muss, wird und soll sich ändern. Nicht immer disruptiv, aber wir haben heute eine Organisationsform, die für das 20., nicht aber für das 21. Jahrhundert gemacht ist.“
Reisner: „Ich glaube, die Herausforderung liegt darin, dass das Disruptive, das Neue, das Andere, lange neben dem Bestehenden, Bekannten und Erfolgreichem stehen wird. Beides muss möglich sein, beides muss sich befruchten. Was meine ich damit? Ein Beispiel aus der Automobilindustrie: Ja, E-Mobility und Hybridisierung kommen schneller, als viele es noch vor wenigen Jahren vermutet haben. Hier tun sich für uns ge- waltige Chancen auf, wenn wir schnell sind. Dennoch – auch den Verbrennungsmotor wird es noch lange geben, und er muss sich weiterentwickeln. Und auch da sind wir in der Verantwortung. Think outside and inside the box – das müssen wir fördern, ermöglichen.“
Nachsatz: „Wenn wir selbst neugierig und mutig sind, dann können wir unseren Kolleginnen und Kollegen auch die notwendige Zuversicht vermitteln.“(kbau)
PoP 2017 – Power of People, 14. Jahresforum für die Personalwirtschaft mit dem Motto „Mut in der Ungewissheit: keep – shift – reset“am 27. und 28. April in Rust am Neusiedler See. pInfos und Anmeldung:
www.businesscircle.at