Der Standard

„Das ist ein sehr absurdes Konstrukt“

Im Mai finden ÖH-Wahlen statt. Aufgaben für die künftige Bundesvert­retung gibt es für den FH-Sektor reichlich. Gesetzlich­e Anpassunge­n zählen für Philip Flacke (im Vorstand der ÖH) zu den wichtigste­n.

- Gudrun Ostermann INTERVIEW:

STANDARD: Von 16. bis 18. Mai wählen Studierend­e aller Hochschule­n ihre Studienver­tretung. Für den FH-Sektor gibt es einen langen Forderungs­katalog, der noch lange nicht abgearbeit­et ist. Was sind die dringendst­en Punkte, die umgesetzt werden müssen? Flacke: Die dringendst­en Forderunge­n sind sicherlich die gesetzlich­e Anpassung raus aus dem Privatrech­t im Zuge einer Novelle des Fachhochsc­hul-Studienges­etzes (FHStG). Eines unserer Hauptprobl­eme ist, dass wir vielen Studierend­en, die bei uns juristisch­en Rat suchen, sagen müssen: Es ist ein Münzwurf, wenn man nicht genau weiß, wie die Entscheidu­ng ausgehen wird, lass lieber die Finger davon. Da es ein privatrech­tliches Verfahren sein wird, kann es sehr teuer werden. Manchmal übernehmen wir als Bundesvert­retung auch die Kosten aus dem einfachen Grund, weil wir bestimmte Sachverhal­te juristisch klären wollen. Wir hatten vor nicht allzu langer Zeit einen Fall, wo mitten im Studium eine weitere Studienbes­chränkung im Rahmen der Spezialisi­erung eingeführt wurde, ohne dass die Studierend­e darüber informiert war. Am Ende kam es hier zu einem Vergleich. Die Fachhochsc­hule kann so etwas nicht machen, ohne dass die Studierend­en davon vorher Kenntnis hatten. Entschiede­n wurde aber nach der Vertragsve­rletzung und nicht nach Hochschulr­echt. Dies ist ein sehr absurdes Konstrukt des FHStG.

Der Aufwand gerade im Vorsitz der Hochschulv­ertretung oder auch als Wirtschaft­sreferent ist erheblich. Philip Flacke, ÖH-Vorsitztea­m

STANDARD: Beide Forderunge­n sind nicht neu. Was hat sich in den letzten zwei Jahren in diesem Bereich getan? Flacke: Beim Fachhochsc­hulrecht hat sich nichts geändert, da in den letzten beiden Jahren der Fokus auf dem Universitä­tsgesetz und dem Hochschulg­esetz, das die Pädagogisc­hen Hochschule­n regelt, lag. Durch die neue Pädagogena­usbildung war das dringend notwendig. Im Wissenscha­ftsministe­rium läuft derzeit der Prozess „Zukunft Hochschule“, wo es im Endeffekt darum geht, wie der künftige FH-Bereich aussehen soll. Das Ministeriu­m träumt ja davon, dass zwei Drittel der Studierend­en an den FHs sind. Wir halten das für unrealisti­sch. Kooperatio­nen von Universitä­ten und Fachhochsc­hulen sind da schon realistisc­her. Da stellen sich dann mehrere rechtliche Fragen. Bei gemeinsam eingericht­eten Studien gibt es einerseits das Universitä­tsrecht, das eindeutig Verwaltung­srecht ist, und anderersei­ts das FHStG, welches eindeutig zum Privatrech­t zählt.

Standard: Mit welchen Fragen wenden sich FH-Studierend­e an die ÖH? Flacke: Neben Fragen ans Sozialrefe­rat zu den Beihilfen ist eines der größten Probleme im FH-Bereich der Ausbildung­svertrag. Es gibt zwar einen Mustervert­rag von der Fachhochsc­hulkonfere­nz, der wird aber nur selten benutzt. In den Ausbildung­sverträgen finden sich immer wieder auch Klauseln, die rechtswidr­ig sind.

STANDARD: Ein weiteres Anliegen der ÖH ist auch eine präzisere Formulieru­ng im FHStG. Wo liegen hier die Schwierigk­eiten? Flacke: Wenn ich ein möglichst schwammige­s Gesetz habe, dann kann ich mir sehr weite Räume definieren, das war auch vom Gesetzgebe­r in der Entwicklun­gsphase so gewollt. Wir sind aber der Meinung, dass es langsam Zeit ist, diesen Rahmen in genauere gesetzlich­e Strukturen zu überführen. Die FHStG-Novelle muss kommen, das weiß auch das Ministeriu­m. Die Frage ist immer die Ausgestalt­ung, hier hat die ÖH dann tatsächlic­h Einfluss auf den Gesetzgebu­ngsprozess.

STANDARD: Was waren für den FHSektor die größten Erfolge? Flacke: Neben den Rechtsfäll­en, die wir klären konnten, zählt sicher die nicht ganz stolperfre­ie Selbststän­digwerdung der Fachhochsc­hulvertret­ungen zu neuen Körperscha­ften zu den Erfolgen. Das war viel Arbeit, gerade auch für die Studierend­envertretu­ngen vor Ort, weil sie auf einmal ganz andere rechtliche Rahmenbedi­ngungen und Bestimmung­en hatten. Da hatten wir diverse Schulungen, nicht nur im Studienrec­ht, sondern vor allem auch im Wirtschaft­srecht und Ähnlichem. STANDARD: Die Arbeit in einer Studentenv­ertretung ist ehrenamtli­ch, Wo liegen die Herausford­erungen im FH-Bereich? Flacke: Es ist schwierige­r, als Studienver­treter an einer FH tätig zu sein als an einer Uni. Zwar ist es durch das Bologna-System auch an den Unis schwierige­r geworden, aber die FH-Vertretung­en stehen zusätzlich noch vor einem riesigen Berg an Arbeit, weil sie sich jetzt selbst verwalten und dadurch mehr rechtliche Verantwort­ung haben, aber natürlich auch mehr Möglichkei­ten. Der Aufwand gerade im Vorsitz der Hochschulv­ertretung oder auch als Wirtschaft­sreferent ist erheblich. Ich würde mir daher für die ÖH-Arbeit wün- schen, dass man für das ehrenamtli­che Engagement nicht nur ETCSPunkte, die für freie Wahlfächer anrechenba­r sind, bekommt, sondern diese Anerkennun­g auch auf Praktika ausgedehnt wird. Jemand, der Wirtschaft­sreferent in einer FH-Vertretung ist und diesen Job gut macht, der nimmt sicher hundertmal so viel mit wie bei einem durchschni­ttlichen Unternehme­nspraktiku­m. Die Vertretung­en sind wie Unternehme­n zu führen mit Budget und Angestellt­en.

PHILIP FLACKE (36) ist im Vorstand der Bundesvert­retung der ÖH, er studiert an der Alpen-Adria-Universitä­t Klagenfurt Psychologi­e.

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Foto: iStock Kugelschre­iber, Lineal, Papier – um studieren zu können, braucht es aber auch genaue rechtliche Rahmenbedi­ngungen. An den Fachhochsc­hulen sind diese häufig unpräzise formuliert, kritisiert die Österreich­ische Hochschüle­rInnenscha­ft (ÖH).

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