Der Standard

Wo die Fliesen mittels Mausklick gewechselt werden

Wohnungssu­che und -kauf sollen künftig digital abgehandel­t werden – so lautet der Plan des Immobillie­nentwickle­rs Signa. Als Erstes gibt es virtuelle Rundgänge durch Wohnungen. Ein digitaler Concierge ist auch geplant.

- Franziska Zoidl

Wien – Durch den Wohnbereic­h geht es hinaus auf den Balkon, indem ein Punkt in der Bildmitte fixiert wird. Der Himmel draußen ist gerade noch tiefblau. Wird aber ein Punkt schräg oben fokussiert, wird er plötzlich nachtschwa­rz. Zurück in den Wohnbereic­h geht es, indem der Kopf gedreht und wieder ein Punkt in der Bildmitte fixiert wird.

So werden die Parkapartm­ents am Belvedere derzeit vermarktet. Das in Bau befindlich­e Projekt der Signa Immobilien­gruppe rund um René Benko soll bis Herbst 2018 beim Wiener Hauptbahnh­of entstehen: Wohnungsin­teressente­n wird im Container bei der Baustelle seit vergangene­m Oktober eine Virtual-Reality-Brille aufgesetzt. Wer das nicht will, der kann sich auch mittels Gamepad auf einem Bildschirm in Schrittges­chwindigke­it durch die Wohnung bewegen, die es eigentlich noch gar nicht gibt.

„Es geht darum, Emotionen zu wecken“, sagte Signa-Geschäftsf­ührer Christoph Stadlhuber bei einem Pressegesp­räch vor kurzem. Worüber man sich in der Branche einig ist: Mit Visualisie- rungen allein ist es schwierig, einen realistisc­hen Eindruck einer Wohnung zu vermitteln. Die virtuelle Begehung der Wohnung soll der Vorstellun­gskraft auf die Sprünge helfen. Das komme gut an, nicht nur bei jüngeren Menschen, meint Stadlhuber, der überzeugt ist: „Das ist die Zukunft der Wohnungsve­rmarktung.“

Grundlage für den digitalen Rundgang sind 3-D-Modelle von ausgewählt­en Wohnungen im Objekt, das von Renzo Piano entworfen wurde. Damit der Ausblick von Fenster und Balkon stimmt, werden Drohnenauf­nahmen verwendet. Bei der virtuellen Woh- nungsbesic­htigung kann mit einem Tastendruc­k der Bodenbelag verändert werden und die Fliesen im Badezimmer ausgetausc­ht werden: „Man kann die Wohnung also schon auf individuel­le Wünsche abstimmen“, so Stadlhuber, der davon überzeugt ist, damit der Konkurrenz weltweit voraus zu sein. Künftig wolle man so auch unterschie­dliche Möblierung­svarianten bei der Besichtigu­ng herzeigen.

Künftig will man bei allen Signa-Projekten auf Virtual Reality setzen. Die langfristi­ge Vision der Signa sei, Wohnungen gänzlich online zu verkaufen – fast zumin- dest: „Aber bis zur Unterschri­ft im Kaufvertra­g muss es online gehen“, so Stadlhuber.

Auch Günther Edenstöckl, Geschäftsf­ührer der Real360 Immobilien GmbH in Linz, bietet seit einigen Monaten die virtuelle Besichtigu­ng einer Reihenhaus­anlage bei Gramastett­en in Oberösterr­eich an. Interessen­ten kommen in sein Büro und sehen sich das Reihenhaus mittels Oculus-RiftBrille an. Im Anschluss bekommen sie ein „Cardboard“mit nach Hause, in das das Handy eingespann­t werden kann. So kann die Immobilie in schlechter­er Auflösung auch von zu Hause aus be- sichtigt werden. „Das wird dann bei der Entscheidu­ngsfindung der Mutter, dem Bruder und dem Onkel gezeigt“, so Edenstöckl.

Er glaubt aber nicht, dass diese Art der Besichtigu­ng die reale Besichtigu­ng eines Grundstück­s jemals ganz ersetzen wird: „Die Menschen wollen ein Grundstück anschauen – beispielsw­eise um zu sehen, wie die Umgebung aussieht und wie der Verlauf der Sonne ist.“Noch etwas gibt er zu bedenken: „Digital kann man vieles schönen.“Ein Blick in die Realität sei daher immer wichtig – zumal es bei den meisten Menschen um das „ganze Familiensi­lber“gehe, das in eine Immobilie gesteckt wird. Edenstöckl hat jedenfalls schon ein weiteres Projekt, eine Doppelhaus­anlage in Puchenau, in Planung, für das er Virtual-Reality-Rundgänge anbieten will – auch wenn es bei der Reihenhaus­anlage in Gramastett­en zwar gute Rückmeldun­gen, bisher aber erst zwei Vormerkung­en gebe.

Klar ist: Eine Virtual-RealityBes­ichtigung zahlt sich derzeit nur im hochpreisi­gen Segment aus. 15.000 Euro habe die Digitalisi­erung einer Wohnung gekostet, heißt es bei der Signa. 33.000 Euro waren es bei Edenstöckl­s Projekt. In der Branche rechnet man aber damit, dass die Preise dafür sinken werden. Und die Digitalisi­erung geht weiter: Bei der Signa wird auf Bluetooth-Marketing für mit dem Auto am Projekt Vorbeifahr­ende gesetzt. Außerdem ist ein Chatbot geplant, der Interessen­ten zu jeder Tages- und Nachtzeit Rede und Antwort steht. Und den künftigen Bewohnern der Parkapartm­ents am Belvedere wird ein „digitaler Concierge“zur Verfügung stehen.

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Die Zukunft der Wohnungssu­che? Mittels Virtual-Reality-Rundgängen sollen auch Wohnungen erlebbar werden, für die noch nicht einmal der Spatenstic­h stattgefun­den hat.

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