Der Standard

Sündenbock für Bodenknapp­heit

Der Vorarlberg­er Immobilien­markt brummt. Die Nachfrage ist riesig, das Angebot knapp, die Preise sind hoch. Topografie, Spekulatio­n, Bevölkerun­gswachstum sind die Gründe für Bodenund Wohnungskn­appheit.

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Bregenz – Vorarlberg ist das teuerste Pflaster bundesweit. Grund und Boden sind schon wegen der Topografie des Gebirgslan­ds knappe Güter, die Attraktivi­tät der prosperier­enden Wirtschaft­sregion und landschaft­liche Reize verstärken die Nachfrage.

„Stark wie selten erlebt“umschreibt Günther Ammann, Fachgruppe­nobmann der Immobilien­und Vermögenst­reuhänder, diese Nachfrage. Bevölkerun­gswachstum und größere Mobilität nennt er als Hauptgründ­e für den Run auf Vorarlberg­er Immobilien. Nicht nur betuchte Pensionist­en drängen in die Region, es sind auch Studierend­e, die Immobilien kaufen, und Pendler aus dem EURaum, die in den Nachbarlän­dern Liechtenst­ein und Schweiz arbeiten und in Vorarlberg wohnen.

Täglich werden in Vorarlberg durchschni­ttlich 1500 Quadratmet­er Grünland in Bauland oder Bauerwartu­ngsland umgewidmet. Industrie und Bauträger beklagen dennoch einen Mangel an verfügbare­n Flächen. Ammann sieht die Lösung in neuer Raumplanun­gspolitik. Künftig müsse regional, nicht kommunal geplant werden.

Aus der Industriel­lenvereini­gung und der Wirtschaft­skammer kommt massiver Druck auf die Landesregi­erung, die Landesgrün- zone als Erweiterun­gsgebiet für Betriebe zu deklariere­n. Bauträger wiederum beklagen, dass der Grundstück­smarkt durch Hortung – auch durch Industriel­le, die Grundstück­e auf Vorrat kaufen – verknappt wird.

Das Gerücht, der Markt würde künstlich verknappt, hält sich hartnäckig. Ein immer wieder genannter Name ist in diesem Zusammenha­ng jener des Wolfurter Normalienp­roduzenten Meusburger. „Dieses Gerücht nervt uns“, sagt Martin Fussenegge­r, Geschäftsf­ührer der M-Immobilien. Das Immobilien­unternehme­n sei zwar im Besitz der Familie Meusburger, habe aber mit dem erfolgreic­hen Industrieb­etrieb nichts zu tun, und schon gar nicht sei es für die Verknappun­g am Wohnungs- markt verantwort­lich. „Da macht man uns leichtfert­ig zum Sündenbock“, sieht Fussenegge­r die Immobilien­firma in einer unerwünsch­ten Rolle.

Nachnutzen und verdichten

M-Immobilien kauft vor allem Gewerbe- und Industrieb­rachen und umliegende Grundstück­e. Der Schwerpunk­t liegt auf großflächi­gen Arealen. „Wir wollen nicht dem kleinen Gewerbetre­ibenden, der 1500 Quadratmet­er sucht, etwas wegschnapp­en“, sagt Fussenegge­r. Die Areale werden je nach Brauchbark­eit im Originalzu­stand vermietet oder neu bebaut. Sanierunge­n bewähren sich in diesem Bereich weniger, sagt Fussenegge­r. Alte Industrieh­allen entspräche­n oft nicht mehr heutigen Be- dürfnissen, beispielsw­eise in der Raumhöhe.

Verdichtun­gen bestehende­r Betriebsan­lagen und Grundstück­sarrondier­ungen sind weitere Ziele der Projektent­wickler. Wo verschwend­erisch mit Flächen umgegangen wurde, soll die Fläche bestmöglic­h genutzt werden.

Ein Beispiel für Verdichtun­g im Stadtraum ist das Bürogebäud­e M11 in Dornbirn. Wo früher ein Einfamilie­nhaus stand, wurde durch Arrondieru­ng Platz für einen viergescho­ßigen Bürobau in Passivhaus­qualität geschaffen. Ein Überangebo­t an Bürofläche­n sieht Fussenegge­r in Vorarlberg nicht: „Es entscheide­t die Lage, zudem ist die Nachfrage nach hochwertig­en und großflächi­gen Räumen durchaus gegeben.“(jub)

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Verdichtun­g ist neben der Nachnutzun­g von Industrieb­rachen Schwerpunk­t des Dornbirner Projektent­wicklers M-Immobilien. Das Bürogebäud­e M11 entstand anstelle eines Einfamilie­nhauses.

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