Der Standard

Trumps Spielerin auf einer ungeliebte­n Nebenbühne

Nikki Haley erklärt erweiterte Prioritäte­n – USA haben im April den Vorsitz im Uno- Sicherheit­srat inne

- Gudrun Harrer

ANALYSE: New York / Wien – Soweit man sich bei den derzeitig rasant stattfinde­nden Veränderun­gen in der USAußenpol­itik solche Aussagen zu treffen getraut: Multilater­ale Politik, und damit die Uno, ist für Präsident Donald Trump bestenfall­s ein Nebenschau­platz, und zwar ein ungeliebte­r, für den die USA in Zukunft weniger Geld ausgeben wollen. Das ändert aber nichts daran, dass Washington seine Politik im Uno-Sicherheit­srat erklären muss. Am Freitag trat dieser nach dem US-Angriff auf eine Militärbas­is des Assad-Regimes zu einer Dringlichk­eitssitzun­g zusammen.

Die USA haben im April den Vorsitz im Sicherheit­srat inne, in dem Russland kürzlich ein diplo- matisches Schwergewi­cht verloren hat: Botschafte­r Witali Tschurkin, seit elf Jahren auf dem Posten in New York, starb im Februar an einem Herzinfark­t.

Trumps Botschafte­rin NikkiHaley, zuvor Gouverneur­in von South Carolina, ist eine Quereinste­igerin in die Diplomatie. Gemessen daran, wie unwichtig die Uno Trump ist, hört man von seiner Vertreteri­n in der Staatengem­einschaft sehr viel. Das mag auch daran liegen, dass Außenminis­ter Rex Tillerson als eher schwach herüberkom­mt.

Am Freitag schmettert­e Haley als Vorsitzend­e gleich einmal den Antrag des nichtständ­igen Mitglieds Bolivien ab, das eine Sitzung hinter verschloss­enen Türen verlangt hatte. Die gegenseiti­ge Blockade zu Syrien im Sicherheit­srat, bei dem sich die ständigen Mitglieder USA, Großbritan­nien und Frankreich einerseits und anderersei­ts Russland, meist mit China, gegenübers­tehen, gibt es seit Beginn des Konflikts in Syrien. Auch nach dem Giftgasang­riff auf Khan Sheikhun vorige Woche gab es bitteren und ergebnislo­sen Streit über den Text einer Resolution.

Erfahrung mit Libyen

Der russische Unwillen, Sicherheit­sratsresol­utionen gegen Bashar al-Assad zuzulassen, erklärte sich anfangs unter anderem mit der Erfahrung in Libyen: Im März 2011 hatte Moskau eine Resolution nicht verhindert, die ein militärisc­hes Eingreifen aus humanitäre­n Gründen in den libyschen Bürgerkrie­g gestattete. Aus dem Schutz für die Bevölkerun­g durch Nato-Staaten wurde jedoch bald eine Unterstütz­ung der Rebellen, um Muammar al-Gaddafi zu stürzen: für Russland ein Überschrei­ten des Mandats und ein gutes Argument, sich bei Syrien nicht kooperativ zu verhalten.

In Wahrheit verfolgte Moskau in Syrien natürlich von Anfang an seine eigenen Interessen, was im Herbst 2015, als die Rebellen Assad zu nahe rückten, zu einer direkten militärisc­hen Interventi­on zu seinen Gunsten führte. Die Person Assad ist für Moskau eigent- lich eher Mittel zum Zweck der Machtausüb­ung, anders als für den Assad-Unterstütz­er Iran, der in Syrien für das Überleben seiner „Achse des Widerstand­s“kämpft.

Und was bedeutet nun Assad für Trump? Die bereits während seines Wahlkampfs getrommelt­e Position, dass Assad unwichtig und nur der Kampf gegen den „Islamische­n Staat“wichtig sei, schien sich in den Tagen vor Khan Sheikhun vollends durchzuset­zen. Haley nannte Assad zwar schon da einen Kriegsverb­recher, stellte aber klar, dass sein Sturz keine Priorität habe.

Aus dieser Position muss sie sich jetzt hinauswind­en – ohne sie jedoch völlig aufzugeben. In einem Interview mit CNN erweiterte sie die Prioritäte­nliste: erstens der Kampf gegen den IS, zweitens Assads Abgang, drittens Zurückdrän­gung des iranischen Einflusses. Zu Punkt zwei führte sie aus: „Wir denken, dass ein ‚regime change‘ stattfinde­n wird“, denn alle Parteien würden einsehen, dass mit Assad kein Friede möglich ist. Das ist vage. Neu ist nun die Verknüpfun­g von Assad und Iran, die Trump im Wahlkampf offenbar nicht hergestell­t hatte. Es darf angenommen werden, dass Israel und SaudiArabi­en bei diesem Denkschrit­t etwas nachgeholf­en haben.

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Eine Satelliten­aufnahme des von den USA angegriffe­nen Luftwaffen­stützpunkt­es Shayrat: beträchtli­che Schäden, aber intakte Pisten.

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