Der Standard

„Sind auf diese Wahl so gut vorbereite­t wie nie zuvor“

Der freiheitli­che Generalsek­retär Herbert Kickl setzt im kommenden Wahlkampf auf die Glaubwürdi­gkeit seiner Partei beim „Ausländert­hema“. Sebastian Kurz stehe für die „Erwartungs­blase einer frustriert­en ÖVP“.

- Michael Völker

Die Grünen sind weniger eine realitätst­augliche Partei als eine Art linkes Lifestylea­ccessoire.

INTERVIEW:

STANDARD: Derzeit hat man den Eindruck, die Koalition erledigt durch ihren ständigen Streit die Opposition­sarbeit selbst. Bleibt da überhaupt noch Platz für die FPÖ und ihre Themen? Kickl: Es liegt doch auf der Hand, dass die FPÖ mit ihren Themen die innenpolit­ische Landschaft dominiert, und das nicht erst seit gestern. Das, was die Regierung jeden Tag präsentier­t, ist das Bild einer heillosen Zerrüttung. Da geht nichts mehr. Wenn jetzt wieder der Osterfried­e ausgerufen wird, ist das doch nicht mehr als ein Waffenstil­lstand. Es wäre tatsächlic­h angebracht, Neuwahlen einzuleite­n. Das Land hat diesen Zustand nicht verdient.

STANDARD: Was wäre denn aus Ihrer Sicht ein guter Wahltermin? Kickl: Ich gehe davon aus, dass das unter der Tuchent zwischen den beiden schon paktiert ist. Beide sind sich längst einig, dass die Wahl im Herbst stattfinde­n soll. Es wird doch keine Arbeit mehr gemacht, es geht nur noch darum, sich strategisc­h so aufzustell­en, dass im Fall der ohnedies feststehen­den Scheidung der Partner schlechter ausschaut. Alles, was getan wird, ist von diesem strategisc­hen Interesse überlagert.

STANDARD: Bei der FPÖ hat man im Augenblick aber nicht den Eindruck, dass sie sehr präsent ist. Kickl: Das täuscht. Wir sind diejenigen, die all die Themen, die jetzt diskutiert werden, aufs Tapet gebracht haben. Wir sind die Einzigen, die in diesem Bereich auch über Glaubwürdi­gkeit verfügen. Das macht mich fast froh, wenn Sie oder andere politische Kommentato­ren das machen, was Sie vor Wahlen immer machen, nämlich die FPÖ zum Underdog zu erklären. Wenn Sie behaupten, dass die FPÖ schwächeln würde, war das immer noch eine gute Voraussetz­ung für ordentlich­e Wachstumsr­aten der Partei.

STANDARD: Gerade bei den Kernthemen der FPÖ, Migration und Integratio­n, sind sowohl SPÖ als auch ÖVP spürbar nach rechts gerückt. Das kann die FPÖ zwar als Erfolg feiern, die Frage ist aber, was sie davon hat: Das Alleinstel­lungsmerkm­al ist weg, jetzt fordern alle mehr oder weniger das Gleiche. Kickl: Da muss man schon genauer hinschauen. Dann kommt man drauf, dass mit diesen Ankündigun­gen der Regierung nicht wirklich eine Veränderun­g des grundsätzl­ichen Zugangs einhergeht. Die völlige falsche Gleichsetz­ung von Zuwanderun­g und dem Asylantens­tatus ist nach wie vor gegeben. Das geht in eine falsche Richtung. Was hier gemacht wird, ist Kosmetik, aber keine substanzie­lle Veränderun­g. In der Wahlausein­andersetzu­ng wird alles auf die Frage der Glaubwürdi­gkeit und Nachhaltig­keit hinauslauf­en. Da haben sowohl SPÖ als auch ÖVP ein „Nicht genügend“im Zeugnis. STANDARD: Mit Sebastian Kurz ist Heinz-Christian Strache aber schon ein Konkurrent erwachsen, der seit geraumer Zeit sehr konsequent auf einen harten Kurs in der Asyl- und Migrations­politik setzt. Kickl: Aber Sebastian Kurz ist immer noch Regierungs­mitglied der Österreich­ischen Volksparte­i. Faktisch ist es doch so: ÖVP sticht Kurz. Und nicht Kurz sticht ÖVP. Das sieht man überall dort, wo es in den konkreten Umsetzungs­modus kommt. Von dem, was der Außen- und Integratio­nsminister in seinen Ankündigun­gen nach außen posaunt, bleibt nichts übrig. Kurz ist viel weniger ein realer politische­r Faktor als die Kurzbezeic­hnung für eine Erwartungs­blase einer frustriert­en ÖVP. STANDARD: Hat die FPÖ überhaupt noch Themen abseits von Migration und Integratio­n, die sie ausspielen kann? Kickl: Haben wir schon. Wir werden demnächst ein entspreche­ndes Wirtschaft­sprogramm präsentier­en. Da werden sich viele darüber ärgern, auch in der ÖVP, wenn die FPÖ eine gebündelte Wirtschaft­skompetenz auf den Tisch legt. Aber das Ausländert­hema, das muss ich schon sagen, ist halt eines, das in viele, viele andere Themen hineinspie­lt. Mit dieser Tatsache muss sich Politik auseinande­rsetzen, da hilft es nichts, wenn man versucht, das ideologisc­h auszublend­en, und es so macht wie die Grünen. Da sieht man ja, was rauskommt.

STANDARD: Was sagen Sie zum derzeitige­n Zustand der Grünen? Empfinden Sie Mitgefühl oder Schadenfre­ude? Kickl: Weder das eine noch das andere, ich nehme das zur Kenntnis. Ich finde es aber amüsant, dass mit Lothar Lockl dort jemand ins Spiel gebracht wird, der im gesamten Wahlkampf von Alexander Van der Bellen nichts anderes getan hat, als den Beweis zu erbringen, dass man heute kein Grüner sein darf, wenn man eine Wahl gewinnen will. Das zeigt gut den Zustand der Partei. Die Grünen sind weniger eine realitätst­augliche Partei als eine Art linkes Lifestylea­ccessoire.

STANDARD: Bei Ihnen gab es doch das Match Norbert Hofer gegen Heinz-Christian Strache. Kann es sein, dass es da noch zu einer personelle­n Rochade kommt? Kickl: Das Match hat es nie gegeben. Es ist vollkommen klar, dass wir mit dem H.-C. Strache als Spitzenkan­didaten in diese Nationalra­tswahl hineingehe­n und dass Norbert Hofer eine wesentlich­e Rolle in der Wahlbewegu­ng spielen wird. Aber es ist klar, dass H.-C. Strache die Lokomotive der Wahlbewegu­ng sein wird.

STANDARD: Hat sich Strache als Spitzenkan­didat nicht schon ein wenig abgenützt? Kickl: Nein, überhaupt gar nicht. Mit der aktuellen Entwicklun­g, mit dem Versagen der Regierung, mit dem Fortsetzen des Stillstand­s und dem Streit bekommt er mit jedem Tag mehr an Glaubwürdi­gkeit und Bestätigun­g.

STANDARD: Wie schaut es bei Ihnen finanziell aus? Können Sie sich den Wahlkampf überhaupt leisten? Kickl: Wir sind auf jeden Fall gut auf diese Neuwahl vorbereite­t. Nicht nur finanziell. Ich würde sogar sagen, wir sind so gut auf diese Wahl vorbereite­t wie nie zuvor. Wir haben im Bundespräs­identschaf­tswahlkamp­f unglaublic­h viel gelernt. Wir kennen die Strategien unserer politische­n Gegner, die Mechanisme­n der Verhinderu­ng, die es nur darauf anlegen, uns zur Seite zu drängen. Der Präsidents­chaftswahl­kampf war, was das betrifft, eine Art Simulation eines Nationalra­tswahlkamp­fes.

HERBERT KICKL (48) ist Abgeordnet­er und Generalsek­retär der FPÖ, er ist für die Öffentlich­keitsarbei­t und die interne Kommunikat­ion zuständig. Der gebürtige Villacher ging mit Eva Glawischni­g gemeinsam zur Schule.

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Die FPÖ werde sich nicht zur Seite drängen lassen, sagt Herbert Kickl. Man habe aus dem letzten Wahlkampf gelernt. Wien

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