Der Standard

Arzteinlad­ung zu Kongress scheiterte an Deutschpfl­icht

Konflikt um Dreitagesv­isum für Ägypter – Ministeriu­m: Stellungna­hmen auf Englisch nicht möglich

- Irene Brickner

Wien/Kairo – Michael H., Facharzt in Wien, hat schon eine Reihe internatio­naler Kongresse mitorganis­iert. Der Austausch mit Kollegen weltweit sei wichtig – auch mit Medizinern aus ärmeren Ländern: „Von diesen Ärzten kann man in Europa einiges über den Umgang mit Notfällen erfahren – und die Ärzte von dort können aus unseren Erfahrunge­n lernen.“

Besagter Austausch, so H., finde auf Englisch statt: jener Sprache, in der sich die MedizinerC­ommunity internatio­nal verständig­e. Fachlich betrachtet seien die jeweiligen Landesspra­chen bei internatio­nalen Veranstalt­ungen zweitrangi­g. Daher sei er „aus dem Staunen nicht mehr herausgeko­mmen“, als er einen „ausgewiese­nen Spezialist­en aus Ägypten“zu einem dreitägige­n Kongress Ende März und Anfang April 2017 in Wien einladen wollte.

Am 7. März hatte der ägyptische Mediziner an der österreich­ischen Botschaft in Kairo einen Visumsantr­ag gestellt. Wenige Tage später bekam er ein Retourschr­eiben: Es bestünden Bedenken gegen seine Einreise.

Erstens habe er nicht nachgewies­en, über ausreichen­de Mittel für Aufenthalt und Wiederausr­eise zu verfügen. Zweitens sei sein Vorbringen „unglaubwür­dig“: Kongress in Wien, gebuchtes Hotel in Graz.

Doch er könne eine Stellungna­hme einbringen, „in schriftlic­her Form und in deutscher Sprache“.

Arzt kann kein Deutsch

„Der Kollege hat in Ägypten seine Familie sowie eine fixe Anstellung in einem Spital. Er hatte nicht vor, in Europa zu bleiben, sagt Einlader H.: „Also wollten wir die Bedenken entkräften.“Aber wenn möglich auf Englisch, denn der ägyptische Arzt sei des Deutschen nicht mächtig – und überhaupt habe die gesamte Kommunikat­ion mit ihm auf Englisch stattgefun­den.

„Ich rief in der Botschaft in Kairo an, doch da hieß es: Das geht nicht“, schildert H. Die Amtssprach­e in Österreich sei Deutsch, daran habe man sich zu halten. Ob man im Interesse internatio­nalen medizinisc­hen Wissensaus­tausches nicht eine Ausnahme machen könne? Nein, auf keinen Fall.

Im Außenminis­terium bestätigt Sprecher Peter Guschelbau­er die bestehende Visums-Deutschpfl­icht – auch wenn es sich nur um einen Österreich­aufenthalt von wenigen Tagen handelt. Natürlich, so Guschelbau­er, hätten die einzelnen Botschafte­n in diesen Dingen „einen gewissen Spielraum“. Doch englischsp­rachige Eingaben könne man von beeideten Dolmetsche­rn ins Deutsche übersetzen lassen.

Von mit Visumsange­legenheite­n beschäftig­ten Personen ist zu erfahren, dass die Ausländerb­ehörden schengenwe­it zu großer Strenge angehalten seien. Es gelte „Trittbrett­fahrer“abzuhalten.

Der ägyptische Arzt konnte an dem Kongress in Österreich letztlich übrigens nicht teilnehmen.

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