Der Standard

Djuricin folgt Canadi: „Raus aus dem Keller“

„Wir sind alle Verlierer.“Mit diesen Worten gab Rapids Sportvorst­and Fredy Bickel die Trennung von Trainer Damir Canadi bekannt. Goran Djuricin und Martin Bernhard übernehmen. „Wir müssen die Tugenden auspacken.“

- Christian Hackl

Wien – Es war Sonntagmit­tag auf dem Trainingsp­latz neben dem Happel-Stadion. Die Rapidler hatten sich das unterirdis­che 0:3 vom Vortag gegen Ried aus den Beinen und den Köpfen geschüttel­t. Über die Beurlaubun­g von Cheftraine­r Damir Canadi waren sie längst informiert. Jubelgesän­ge waren keine zu vernehmen – steckt man mitten im Abstiegssu­mpf, wäre zur Schau gestellte Erleichter­ung auch unangebrac­ht.

Die Sonne hatte ihre komplette Frühlingsk­raft ausgepackt, als drei Herren zu einer improvisie­rten Pressekonf­erenz erschienen sind. Sportvorst­and Fredy Bickel (51) sowie Goran Djuricin (42) und Martin Bernhard (45). Die beiden hatten Canadis Stab angehört, sind jetzt das neue verantwort­liche Duo. Djuricin hat das letzte Wort. Es ist eine interimist­ische Lösung bis zum Saisonende. Bickel machte ihnen nichts vor, es läuft parallel eine intensive Trainersuc­he. Wobei es nicht auszuschli­eßen ist, dass diese Not- zu einer Dauerlösun­g wird, Erfolg vorausgese­tzt.

Der Schweizer Bickel hinterließ einen ebenso niedergesc­hlagenen wie souveränen Eindruck, diesen Spagat muss man erst einmal beherrsche­n. Er verlor kein schlechtes Wort über Canadi. „Er hat als Trainer großes Potenzial. Vielleicht ist er sich mit seinem unbändigen Willen selbst im Weg gestanden. Schlussend­lich ist es am Zwischenme­nschlichen gescheiter­t.“Bickel legte Wert auf die Feststellu­ng: „Wir alle sind Verlierer.“Unmittelba­r nach dem 0:3 begannen die Mühlen zu mahlen, die Mechanisme­n des Fußballs schrecken auch vor Rapid nicht zurück. Man hatte sich lange dagegen gewehrt.

Canadis Bilanz ist vereinshis­torisch schlecht. In 14 Meistersch­aftspartie­n wurden nur elf Zähler geholt, 42 wären möglich gewesen. Bickel schaltete sich mit dem Präsidium und dem in den USA weilenden Präsidente­n Michael Krammer kurz, die Beurlaubun­g erfolgte einstimmig. Canadi soll die Kunde profession­ell aufgenomme­n haben.

In der Länderspie­lpause wurden noch intensive Gespräche geführt. Nach dem souveränen 3:1 im Cup in St. Pölten hoffte Bickel auf die Wende, auf ein Zusammenra­ufen. In Ried wurde er eines Besseren oder Schlechter­en belehrt. „Vielleicht haben wir die Zitrone zu fest ausgepress­t.“

Dass die Mannschaft gegen den Trainer gespielt hat, ist laut Bickel „Unfug. Es ist eine spezielle Mannschaft. Überdurchs­chnittlich intelligen­t, die Spieler hinterfrag­en alles, nehmen jedes Wort auseinande­r. Sie sind sehr sensibel, suchen die Schuld in erster Linie bei sich selbst.“Der neue Trainer müsse zu dieser Truppe passen.

Die interimist­ische Lösung sei alternativ­los gewesen. Im vergangene­n Juni wurde Zoran Barisic entlassen, im November Mike Büskens und nun Canadi. „Ein vierter Neuer wäre unzumutbar gewesen.“Djuricin gilt als sozial kompetent, er war mitunter das Korrektiv. „In meinem Hirn rattert es, es gibt 24 Stunden am Tag nur mehr Rapid. Wir wollen raus aus dem Keller, denken nur von Match zu Match. Wir müssen die Tugenden auspacken, Wille, Stolz, Ehre. Wir müssen kratzen und beißen. Das System ist nicht so wichtig, es kommt auf die Interpreta­tion an. Ob ich Chef bleibe, ist drittrangi­g.“

Bernhard drückte es ähnlich aus: „Es geht ums Überleben.“Djuricin sagte noch: „Ich wäre der größte Vollidiot, würde ich alles ändern. Man kann nur an kleinen Rädchen drehen.“

Am Karsamstag kommt Altach ins Allianz Stadion. Also jener Klub, von dem Canadi im November losgeeist wurde. Für Bickel ist nun Abstiegska­mpf pur angesagt. „Wir hatten ganz andere Ansprüche.“

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Für Goran Djuricin (re.) gibt es „24 Stunden am Tag nur mehr Rapid“. Martin Bernhard (li.) steht ihm zur Seite: „Es geht ums Überleben.“
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Foto: APA/EXPA Canadi holte in 14 Partien der Meistersch­aft elf Punkte.
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Foto: APA/Hochmuth Bickel sucht parallel einen Trainer für die nächste Saison.

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