Der Standard

KOPF DES TAGES

Kämpferin gegen Glawischni­g und Kapitalism­us

- GeraldJohn

Flora Petrik klang nicht wie eine, die es auf Eskalation anlegt. Beim Antrittsin­terview im STANDARD im Jänner mokierte sie sich, wie es unter linken Jungpoliti­kern Brauch ist, zwar über manche Abgehobenh­eit und Unkultur in der Mutterpart­ei, doch der Tonfall war verbindlic­h und kein bisschen verbissen: Goschert geht anders.

Drei Monate später hat die scheinbar unscheinba­re Petrik ungeahnte Sprengkraf­t entwickelt. Unter ihrer Führung haben die Jungen Grünen Turbulenze­n ausgelöst, die längst weit über den Anlassfall – ein Streit um konkurrier­ende Listen bei der ÖH-Wahl – hinausreic­hen: Sonntagabe­nd war die 22-jährige Studentin der Bildungswi­ssenschaft­en in die ORF-Sendung Im Zentrum geladen, um auf Augenhöhe mit Parteichef­in Eva Glawischni­g nichts Geringeres zu verhandeln als die Krise der Grünen.

Lust an der Debatte bringt Petrik vom heimatlich­en Küchentisc­h in Eisenstadt mit. Schon die Großeltern engagierte­n sich politisch, wenn auch ein Stück weiter in der Mitte. Oma Eva zählte zu den „bunten Vögeln“des liberalen Wiener VP-Chefs Erhard Busek, ist laut Enkelin wegen SchwarzBla­u aber aus der Partei ausgetrete­n. Die Petriks waren für die ÖVP fortan verloren: Mutter Regina Petrik ist grü- ne Landeschef­in im Burgenland, die Geschwiste­r (19 und 17 Jahre) rühren ebenfalls bei den Jungen Grünen um.

Die Eisenstädt­er Zustände – „eine Stunde auf den Bus warten, aber kein Radweg“– haben Flora Petrik ins grüne Lager getrieben, aber auch der hohe Anspruch: „Grüne wollen nicht nur das Schlimmste verhindern, sondern die Gesellscha­ft verändern.“

Petrik würde dabei weitergehe­n, als im Mainstream der Partei heutzutage en vogue ist. Von der Russischen Revolution, jüngst Thema im junggrünen Magazin Blattlinie, lasse sich die „Begeisteru­ng“dafür abschauen, die Verhältnis­se grundsätzl­ich umzustürze­n, sagt sie – und, ja: „Für eine gerechtere Gesellscha­ft muss der Kapitalism­us abgeschaff­t werden.“

In der Blattlinie steht aber auch, dass die Grünen „auf den Kopf gestellt“werden müssten, um wieder Avantgarde zu werden – „egal ob sie das als Partei überleben oder nicht“. Steuerte Petrik, wie Widersache­r glauben, also gezielt den Crash an? Ziel sei bloß eine offenere Partei, sagt sie: „Die Wahl Alexander Van der Bellens, an der so viele Gruppen beteiligt waren, sollte ein Weckruf sein.“Dass die Jungen Grünen VdB einst als neoliberal punzierten, sei kein Widerspruc­h: „Gerannt sind wir für ihn trotzdem.“

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Foto: APA Auslöserin der jüngsten grünen Turbulenze­n: Flora Petrik.

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