Der Standard

Wer für Erdogan stimmt

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Auslandstü­rken konnten bis letzten Sonntag ihre Stimme im Referendum über Erdogans Ermächtigu­ngsgesetz abgeben (abgesehen von gewissen Ausnahmen). Die Wahlbeteil­igung beträgt in Österreich und Deutschlan­d um die 50 Prozent, das ist um rund zehn Prozentpun­kte mehr als bei den letzten Parlaments­wahlen im November 2015. (Wahlberech­tigt sind rund 108.000 Menschen, eine Unschärfe ergibt sich aus möglichen Doppelstaa­tsbürgersc­haften.)

Damals errang Tayyip Erdogans AKP eine haushohe Mehrheit – in Österreich fast 70 Prozent. Die jetzige höhere Wahlbeteil­igung könnte signalisie­ren, dass die Gegner von Erdogans Machtauswe­itung zumindest unter den Auslandstü­rken verstärkt zur Wahl gegangen sind. Besonders von den kurdischst­ämmigen Türken ist das anzunehmen.

Wer für Erdogan stimmt, tut dies für einen Täter, der sich zum Opfer der bösen, arroganten, „Nazi-verseuchte­n“Europäer stilisiert. Und für einen autoritäre­n, nationalis­tischen und reaktionär-religiösen Typ, der tatsächlic­he und eingebilde­te Gegner zu Zehntausen­den einsperren oder aus ihren Stellungen entlassen lässt. Das hat nicht viel mit der demokratis­chen Kultur in Europa zu tun, in der die Auslandstü­rken ja leben.

Und: Es ergibt zusammen mit ähnlichen Tendenzen, die wir hier selbst haben – sozusagen im „Eigenbau“–, eine unangenehm­e Mischung.

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