Der Standard

G7: Russland von Unterstütz­ung für Assad abbringen

Europas Vertreter in der Gruppe der G7 wollen die USA davon überzeugen, dass nur Diplomatie zu einer Beendigung des Krieges in Syrien führen kann – dies und das Ende einer Allianz Moskaus mit dem Regime in Damaskus.

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Damaskus/Lucca – Nach der jüngsten Eskalation in Syrien will der Westen Russlands Präsident Wladimir Putin von seiner Unterstütz­ung für Machthaber Bashar al-Assad abbringen. Putin müsse „der Wahrheit über den Tyrannen, den er unterstütz­t, ins Gesicht sehen“, sagte der britische Außenminis­ter Boris Johnson vor dem G7-Außenminis­tertreffen am Montag. Putin müsse „verstehen, dass Assad jetzt in jeder Hinsicht giftig ist“, sagte Johnson unter Hinweis auf den mutmaßlich­en Giftgasang­riff in Syrien, bei dem am vergangene­n Dienstag fast 100 Menschen getötet worden waren. Assad vergifte nicht nur „die unschuldig­en Menschen Syriens“, sondern auch „das Ansehen Russlands“.

Der Westen macht Assad für den Angriff auf das von Rebellen kontrollie­rte Khan Sheikhun im Nordwesten Syriens verantwort­lich. Als Vergeltung ließ US-Präsident Donald Trump am Freitag einen Luftwaffen­stützpunkt der syrischen Regierungs­truppen bombardier­en. Der Kreml verurteilt­e die Aktion als „Angriff auf einen souveränen Staat“und als Verstoß gegen Völkerrech­t. Syrien bestreitet die Verantwort­ung für den Einsatz von Chemiewaff­en.

Ebenfalls im Vorfeld des G7Treffens im toskanisch­en Lucca sprach sich der deutsche Außenminis­ter Sigmar Gabriel strikt gegen eine „weitere militärisc­he Eskalation“aus. Gemeinsam mit seinen Kollegen aus Großbritan­nien, Frankreich und Italien wolle er US-Außenminis­ter Rex Tillerson davon überzeugen, den Fokus auf eine diplomatis­che Lö- sung zu legen. „Wir müssen die Russen und viele andere an den Verhandlun­gstisch bekommen.“

Untersuchu­ng möglich

Nach Angaben Gabriels wolle Russland nun eine Untersuchu­ng des Angriffs in Khan Sheikhun ermögliche­n. Sein russischer Kollege Sergej Lawrow habe ihm in einem Telefonat versichert, dass seine Regierung den Weg freimachen wolle, um vor Ort zu unter- suchen, „was denn nun tatsächlic­h dort geschehen ist“, sagte Gabriel. Er hoffe, dass dies „ein ernst gemeintes Angebot“sei.

Der Gastgeber, Italiens Außenminis­ter Angelino Alfano, setzte neben den Beratungen im G7-Format auch eine Sondersitz­ung zu Syrien an, an der auch die Außenminis­ter der Türkei, der Vereinigte­n Arabischen Emirate, SaudiArabi­ens, Jordaniens und Katars teilnehmen sollen.

Tillerson sagte mit Blick auf den US-Angriff, Washington wolle weltweit Verbrechen gegen die Menschlich­keit ahnden. „Wir verschreib­en uns wieder dem Ziel, jeden in der ganzen Welt zur Rechenscha­ft zu ziehen, der Verbrechen an Unschuldig­en verübt“, sagte er am Montag und warf dabei Russland vor, den mutmaßlich­en Giftgasang­riff nicht verhindert zu haben. Er gab Moskau zwar keine direkte Mitschuld an dem Angriff; Russland habe sich aber als „inkompeten­t“erwiesen oder sich von Damaskus „einfach überlisten lassen“, sagte Tillerson, der nach dem G7-Treffen nach Moskau weiterreis­en will.

Widersprüc­hliche Signale

Europäisch­e Länder interpreti­erten die Signale aus Washington als widersprüc­hlich: Während Tillerson den Kampf gegen den IS als Priorität nannte, erklärte die US-Botschafte­rin bei der Uno, Nikki Haley, den Sturz Assads zur – allerdings nicht einzigen – Priorität. Die USA „tappen planlos im Dunkeln“, kritisiert­e ein hochrangig­er europäisch­er Diplomat.

Berlin fordert als Voraussetz­ung für eine Friedenslö­sung in Syrien erneut den Abgang von Assad. „Mittelfris­tig kann Assad nicht an der Spitze des Staates bleiben“, sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert. In Österreich forderte Grünen-Chefin Eva Glawischni­g die Bundesregi­erung auf, eine Vermittler­rolle im Syrien-Konflikt zu übernehmen. Wien solle sich als neutraler Verhandlun­gsort zur Verfügung stellen, appelliert­e Glawischni­g an Außenminis­ter Sebastian Kurz (ÖVP). (AFP, dpa, Reuters)

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Für US-Außenminis­ter Rex Tillerson (Mi.) ist der G7-Gipfel in Lucca der erste dieser Art. Tillerson wird von seinen europäisch­en Kollegen aufgeforde­rt werden, mehr als zuletzt auf Diplomatie zu setzen.

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