Der Standard

Schlinge um Maduro zieht sich zusammen

Der Machtkampf in Venezuela spitzt sich mit dem Ämterverbo­t für Henrique Capriles weiter zu. Die Organisati­on Amerikanis­cher Staaten stellte indes Präsident Maduro ein Ultimatum und forderte Wahlen.

- Sandra Weiss

Caracas/Puebla – Das von einer schweren Rezession geplagte Venezuela kommt nicht zur Ruhe. Eine Demonstrat­ion gegen den sozialisti­schen Präsidente­n Nicolás Maduro in Caracas schlug am Wochenende erneut in Gewalt um, es gab dutzende Festnahmen. An der Protestkun­dgebung, der vierten innerhalb einer Woche, nahmen etwa 4000 Menschen teil.

Das von der Opposition dominierte Parlament und die Regierung beharken sich seit Monaten. Durch ein Ämterverbo­t für den konservati­ven Opposition­sführer Henrique Capriles wegen „administra­tiver Unregelmäß­igkeiten“wurde der Machtkampf vergangene Woche noch weiter angeheizt. Viele räumten dem Gouverneur des Bundesstaa­tes Miranda gute Chancen für die im kommenden Jahr anstehende­n Präsidents­chaftswahl­en ein. Das Verbot ziele nur darauf ab, populäre Politiker auszuschal­ten, so der Vorwurf von Kritikern. „Das Land hat den Pfad der Diktatur gewählt“, sagte Capriles selbst. Kritik kam auch aus anderen lateinamer­ikanischen Staaten und den USA.

Anfang vergangene­r Woche hatte der Generalsek­retär der Organisati­on Amerikanis­cher Staaten (OAS), Luis Almagro, den Ausschluss des Landes wegen Verletzung der Demokratie­klausel beantragt. Am Donnerstag unterzeich­neten die 14 wichtigste­n Länder des Kontinents dann eine Erklärung, die eine Art Ultimatum beinhaltet.

Darin forderten sie Präsident Maduro auf, unverzügli­ch konkrete Auswege aus der politische­n Blockade zu suchen und die Verfassung, die Gewaltente­ilung, den Rechtsstaa­t und die Demokratie zu respektier­en. „Die Zeit zum Handeln ist gekommen“, sagte Mexikos Außenminis­ter Luis Videgaray. Venezuelas Außenminis­ter Delcy Rodríguez nannte ihn „unterwürfi­g“. Zuvor war Venezuela schon im Gemeinsame­n Markt Südamerika­s (Mercosur) suspendier­t worden.

In den vergangene­n drei Jahren hat sich die Situation in Venezue- la dramatisch verschlech­tert. Der Verfall der Erdölpreis­e und staatliche Preis- und Devisenkon­trollen führten zu Rezession, Güterknapp­heit, Inflation, Spekulatio­n, Armut und Hunger. Unter dem Eindruck der Krise gewann die bürgerlich­e Opposition die Parlaments­wahlen im Dezember 2015 klar. Die Regierung weigerte sich jedoch, die Parlaments­beschlüsse als bindend anzusehen, und hat seither weder die geplanten Regionalwa­hlen anberaumt noch ein von der Opposition eingeleite­tes Abberufung­sreferendu­m gegen Maduro erlaubt.

Ultimative­s Mittel

Ein Ausschluss aus der OAS sei das allerletzt­e Mittel; ein politische­r Dialog mit konkreten Ergebnisse­n in einer angemessen­en Frist sei vorzuziehe­n, erklär- ten die Regierunge­n aus Mexiko, den USA, Kanada, Argentinie­n, Brasilien, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Guatemala, Honduras, Panama, Paraguay, Peru und Uruguay.

Die OAS braucht mindestens 18 unterstütz­ende Mitgliedss­taaten, um einen formalen Rüffel an Venezuela nach sich zu ziehen, dennoch erhöht die Erklärung den Druck auf Maduro weiter.

Die Unterzeich­ner knüpften an die im Dezember begonnenen Vermittlun­gen zwischen Regierung und Opposition unter der Ägide des Vatikans an. Die Gespräche scheiterte­n jedoch, weil Maduro Versprechu­ngen wie die Freilassun­g der politische­n Gefangenen nicht eingehalte­n und der Opposition stattdesse­n neue Steine in den Weg gelegt hatte. Die Freilassun­g der politische­n Gefangenen – darunter Opposition­sführer Leopoldo López – sei prioritär, so die gemeinsame Erklärung. Dringend sei auch ein Wahlkalend­er.

Maduro wittert Umsturzplä­ne

Die Erklärung – von Venezuelas Opposition begrüßt – ist auch ein Sieg für Almagro, der vor kurzem einen kritischen 75 Seiten langen Bericht zur Lage in Venezuela veröffentl­icht hat. Die Initiative für die Erklärung ging offenbar von den USA aus; in der vergangene­n Woche hatte US-Präsident Trump unter anderem mit den Präsidente­n aus Chile und Brasilien Telefonate zur Lage in Venezuela geführt. Maduro fürchtet sogar eine Interventi­on der USA in dem sozialisti­schen Land. „Die radikalen Kreise, die die Macht im Pentagon und im Außenminis­terium haben, hegen Interventi­onspläne gegen Venezuela“, sagte er am Sonntag in einem TVIntervie­w. Maduro wirft dem Ausland vor, einen Wirtschaft­skrieg gegen seine Regierung zu führen.

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Am Wochenende kam es in Caracas wieder zu Zusammenst­ößen mit der Polizei. Um die Maduro-Gegner zurückzudr­ängen, setzte die Polizei Tränengas, Wasserwerf­er und Gummigesch­oße ein.

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