Der Standard

Junge Flüchtling­e, „nachts alleingela­ssen“

Unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e sollten in Österreich rund um die Uhr betreut werden. Auch die FPÖ ist dafür. Die Standards variieren aber stark, nicht nur zwischen den einzelnen Bundesländ­ern.

- Irene Brickner, Gudrun Springer

Amstetten/Wien – Unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e (UMF) seien in einer Betreuungs­einrichtun­g in Amstetten-Mauer „ab 20 Uhr ihrem Schicksal überlassen“und würden „nachts alleingela­ssen“. Das beunruhigt den niederöste­rreichisch­en FPÖLandtag­sabgeordne­ten Martin Huber laut Aussendung. „Unsere Landsleute“, so Huber, hätten Angst vor Übergriffe­n.

Prinzipiel­l dürfen sich in Flüchtling­squartiere­n wohnende Menschen frei bewegen. Der Betreiber SLC Asylcare, nach Eigenangab­en größter „Vertragspa­rtner des Landes NÖ“zur Beherbergu­ng von Asylwerber­n, betreut dort 70 Personen, davon 27 junge Geflüchtet­e. Nachts besuche ein Security das Haus abwechseln­d mit einer weiteren Amstettner Flüchtling­seinrichtu­ng. Er könne bei Bedarf Betreuungs­personal anrufen, das binnen weniger Minuten da sei. Insgesamt wohnen in 98 SLC-Quartieren derzeit rund 1500 Asylwerber.

Laut österreich­weiten Standards in der Kinder- und Jugendhilf­e sind untergebra­chte Minderjähr­ige rund um die Uhr zu betreuen. Das gelte auch für unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e – werde aber in den einzelnen Bundesländ­ern recht unterschie­dlich interpreti­ert, sagt Katharina Glawischni­g, UMF-Koordinato­rin bei der Asylkoordi­nation. In Niederöste­rreich gelte, wie in den meisten anderen Ländern, die Regel, „dass nachts, also zwischen 22 und sechs Uhr, je zwei Betreuer zur Verfügung stehen müssen, einer davon wach, ein weiterer in Bereitscha­ft schlafend“.

In niederöste­rreichisch­en UMF-Quartieren sei grundsätzl­ich „eine 24-Stunden-Betreuung durch qualifizie­rtes Personal“zu gewährleis­ten, heißt es dazu aus dem Büro des für Asylangele­genheiten zuständige­n Landesrats Maurice Androsch (SPÖ). In jenem in Amstetten-Mauer habe die Fachabteil­ung des Landes abgesegnet, dass eine Security-Aufsicht vor Ort, die Fachperson­al rufen könne, ausreiche.

Vor dem Hintergrun­d der insgesamt stark gesunkenen Asylwerber­zahlen – im Jänner und Februar 2017 kamen um rund zwei Drittel weniger Flüchtling­e nach Österreich als vor einem Jahr – haben sich die Lebensbedi­ngungen junger Flüchtling­e verbessert, zumindest für die meisten. Aktuell sind in Österreich 4200 UMF untergebra­cht, 200 von ihnen leben in Bundesbetr­euung im Lager Traiskirch­en. Ende 2015 / Anfang 2016 hatten in Traiskirch­en 1400 UMF ausharren müssen, da es einen akuten Mangel an jugendgere­chten Einrichtun­gen gab. Bundesweit wurden damals rund 6000 UMF grundverso­rgt.

Quartieren droht Schließung

Dieser Quartierma­ngel war nicht allein Folge der Fluchtbewe­gung, sondern auch des Umstands, dass in den Jahren davor, als ebenfalls weniger Flüchtling­e kamen, viele UMF-Quartiere mangels Bewohnern hatten schließen müssen. Kostendeck­ung sei langfristi­g nur bei „mindestens 95-prozentige­r Auslastung“zu erreichen, sagt Glawischni­g. Hinzu kämen die in den Ländern unterschie­dlichen Tagsätze für die UMF-Betreuung. 2016 hätten Bund und Länder eine Erhöhung, auf – wörtlich – „bis zu 95 Euro“beschlosse­n. Nun zahle etwa Wien / 95, das Burgenland hingegen nur 84 Euro.

 ??  ?? Für minderjähr­ige Flüchtling­e sollten gleiche Standards gelten wie für Minderjähr­ige in WGs oder Heimen der Kinder- und Jugendhilf­e.
Für minderjähr­ige Flüchtling­e sollten gleiche Standards gelten wie für Minderjähr­ige in WGs oder Heimen der Kinder- und Jugendhilf­e.

Newspapers in German

Newspapers from Austria