Der Standard

„Die Frauen dürfen in der Kirche nur putzen“

Ein Kärntner Künstler hatte in der Klagenfurt­er Stadtpfarr­e ein großflächi­ges Bild einer gekreuzigt­en, blutenden Frau entrollt. Die Polizei ermittelt nun wegen „Herabwürdi­gung religiöser Lehren“.

- Walter Müller

Klagenfurt – „Ich bin ein gläubiger Mensch, und ich habe auch das Recht, die Situation der Frauen aufzuzeige­n. Aber dieser Hass, mit dem der Pfarrer mein Transparen­t mit der gekreuzigt­en Frau herunterge­rissen hat, macht mich schon sehr nachdenkli­ch“, sagt der Künstler Hans Gerhard Kalian. Gegen den Grafiker wird seit Palmsonnta­g von der Polizei wegen „Herabwürdi­gung religiöser Lehren“ermittelt. Für dieses Delikt steht eine Freiheitss­trafe von bis zu sechs Monaten.

Kalian hatte – während der Pfarrer im Außenberei­ch der Stadthaupt­pfarrkirch­e St. Egid in Klagenfurt zur Prozession rief – in der Kirche ein sechs mal drei Meter großes Transparen­t entrollt, auf dem unter anderem eine gekreuzigt­e Frau mit blutigen Flecken auf ihrem weißen Kleid zu sehen war. Die Gattin des Künstlers verteilte Flyer mit entspreche­ndem Infomateri­al zur Arbeit ihres Mannes. „Das Plakat wurde rasch wieder entfernt, es hat sonst keine gröberen Vorkommnis­se gegeben. Jetzt wird ermittelt“, wird auf Standard- Anfrage im Stadtpoliz­eikommando Klagenfurt bestätigt.

„Nein, ich wollte nicht provoziere­n, und es hat auch nichts mit Blasphemie zu tun, wie mir vorgeworfe­n wird“, verteidigt sich Kalian. Seine Kunstaktio­n Martyre femme sollte lediglich „das Leid unterdrück­ter, verschlepp­ter und missbrauch­ter Frauen“aufzeigen. „Aber immer, wenn Frauen in der Kirche thematisie­rt werden, gibt es ein Problem. Ich wollte mit dem Transparen­t darauf hinweisen, dass Frauen seit Anbeginn des Menschsein­s der Unterdrück­ung, dem Sklaventum und der Gewalt ausgesetzt sind. Das war mein Hintergeda­nke zur Gestaltung des Banners“, sagt Hans Gerhard Kalian im Gespräch mit dem Standard. Der Palmsonnta­g, die Lesung der Leidensges­chichte Christi, schien ihm dazu der geeignete Zeitpunkt.

Das Aufstellen des Plakates sei allerdings nicht genehmigt gewesen, räumt Kalian ein. „Aber wenn ich es angekündig­t hätte, wäre es mir niemals erlaubt worden.“Jedenfalls: Als der Pfarrer das Plakat entdeckt habe, „ist er darauf losgestürm­t und hat es wild herunterge­rissen und zusammenge­knüllt“.

„Stimmt nicht“, sagt Pastoralbe­treuer Helmut Nagele, „ich habe es auf Auftrag des Pfarrers verfrachte­t.“Der Künstler habe es in der Folge „uns wieder aus den Händen gerissen, weil er es zurückhabe­n wollte“.

Im Übrigen sei es eine „reine Provokatio­n“Kalians gewesen, „es war ein allgemeine­r Angriff auf die Kirche“, sagt Nagele. Wenn dieser meine, er habe auf die Situation der Frauen aufmerksam machen wol- len: „Auch die katholisch­en Frauen weisen immer wieder auf unterdrück­te Frauen auf der Welt hin“, entgegnet Nagele.

„Es ist halt so, dass nach wie vor eine Männerrieg­e, ein Patriarcha­t in der Kirche herrscht, die Frauen dürfen die Kirche putzen und Blumen gießen“, repliziert Kalian.

Vonseiten der Diözese hielt man sich zurück, es werde dazu keine öffentlich­e Stellungna­hme geben. Auch im Bischöflic­hen Ordinariat in Klagenfurt war keine offizielle Interpreta­tion der Vorfälle in der Stadthaupt­pfarrkirch­e St. Egid erhältlich.

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Sechs mal drei Meter groß war das Plakat, das zu Wirbel in einer Kirche in Klagenfurt geführt hat.

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