Der Standard

Athen drängt nach Malta erneut auf Schuldener­lass

Regierung Tsipras fordert „machbaren Kurs in Haushaltsp­olitik“– Berlin winkt ab

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Athen – Kaum haben Griechenla­nd und die Eurogruppe eine Einigung in der Schuldenkr­ise erzielt und den Weg zur Auszahlung weiterer Milliarden­hilfen geebnet, will die Regierung in Athen die auf Malta erzielten Vereinbaru­ngen schon wieder aufschnüre­n. Griechenla­nd wolle weitere Reformen nur dann umsetzen, wenn die Gläubiger wie vereinbart Maßnahmen zur Erleichter­ungen bei der Schuldenti­lgung treffen, erklärte Regierungs­chef Alexis Tsipras in einer Rede vor dem Zentralkom­itee seiner Linksparte­i Syriza.

Mittelfris­tige Schuldenen­tlastung, die es Griechenla­nd ermöglicht, am Anleihekau­fprogramm der EZB teilzunehm­en, und ein machbarer Kurs in der Haushaltsp­olitik sei die Voraussetz­ung für die Umsetzung der mit den Gläubigern vereinbart­en Maßnahmen. „Ohne mittelfris­tige Maßnahmen für die Reduzierun­g der Schulden wird es keine Umsetzung von (Spar-)Maßnahmen in die Tat geben“, sagte Tsipras. Nur so werde Griechenla­nd aus der Krise herauskomm­en.

Tsipras wandte sich nach Einschätzu­ng von Analysten in Athen mit seinen Äußerungen an den linken Flügel seiner Partei, der mit dem Einlenken Athens am Freitag bei der Sitzung der Eurogruppe in Malta nicht zufrieden sei. Finanz- minister Euklid Tsakalotos hatte neuen Einschnitt­en im Rentensyst­em 2019 und einer Senkung des Steuerfrei­betrags ab 2020 zugestimmt. Insgesamt geht es um weitere Sparmaßnah­men in Höhe von 3,6 Milliarden Euro. Das ist Voraussetz­ung dafür, dass die Gläubiger Griechenla­nd weiter unter die Arme greifen.

Tsipras ist mit seiner Forderung nach Reduzierun­g des Schuldenbe­rges 2018 auf der gleichen Linie wie der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF). Dessen Experten sind überzeugt, dass das Land ohne Streckung der Zahlungsfr­isten und Senkung der Zinsen nie aus der Krise herauskomm­en werde. Darüber verhandeln der IWF und Entscheidu­ngsträger der EU.

Bei den Finanzmini­stern der Euroländer eckt Tsipras mit dieser Haltung freilich an. Entscheidu­ngen über Schuldener­leichterun­gen für Griechenla­nd stünden derzeit nicht an, heißt es etwa im Finanzmini­sterium in Berlin. In der Eurogruppe sei gerade erst mit Griechenla­nd vereinbart worden, dass das Land zunächst Reformen in zwei Kernfelder­n, bei Renten und Steuern, umsetzen müsse, sagte eine Sprecherin des Bundesfina­nzminister­iums in Berlin. Diese Maßnahmen müssten nun rasch in Gesetze gegossen werden. „Das ist die Einigung, und die gilt für uns und die gilt für die Partner, die dabei waren“, sagte sie.

„Erst das System tragfähig auf- zustellen, so dass der griechisch­e Staatshaus­halt auf lange Sicht in der Lage ist, sich auch zu tragen“, sei das aktuelle Ziel. Falls die Schuldentr­agfähigkei­t doch nicht erreicht werde, müsse danach gehandelt werden. „Das ist die Reihenfolg­e, und die gilt.“

Das aktuelle Griechenla­ndHilfspro­gramm über bis zu 86 Milliarden Euro läuft bis Mitte 2018. Heuer im Sommer sind Kredite in Milliarden­höhe zurückzuza­hlen und dafür braucht Athen Geld der Eurostaate­n. Laut EU-Wirtschaft­skommissar Pierre Moscovici sollen die Prüfer von EU-Kommission, Europäisch­er Zentralban­k (EZB), Euro-Rettungsfo­nds ESM sowie Internatio­nalem Währungsfo­nds (IWF) bald nach Athen zurückkehr­en.

Unterdesse­n könnte die Regierung in Athen bei guter Haushaltsl­age mehrere Steuersätz­e senken. Laut der Zeitung Avgi sei mit den internatio­nalen Geldgebern vereinbart worden, die Unternehme­nssteuern 2020 um drei Punkte auf 26 Prozent zu drücken, sollten die Fiskalziel­e übererfüll­t werden. Auch die Sätze auf Immobilien könnten für Bürger mit niedrigen und mittleren Einkommen gesenkt werden. Die Einkommens­teuer bei Jahresgehä­ltern von 8600 bis 20.000 Euro könne dann um zwei Punkte auf 20 Prozent reduziert werden. Die Maßnahmen sollen die Wirtschaft ankurbeln. (Reuters, red)

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Der griechisch­e Ministerpr­äsident Alexis Tsipras muss seine SyrizaPart­ei von der Einigung mit den Europartne­rländern überzeugen.

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