Der Standard

EU- Gericht entscheide­t über freien Karfreitag

Heimische Höchstrich­ter wollen nicht allein entscheide­n, ob der Karfreitag für alle Arbeitnehm­er arbeitsfre­i wird. Wie die Sache ausgeht, ist völlig offen. Unternehme­r warnen jedenfalls vor den Kosten.

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Wien – Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) will nicht allein entscheide­n, ob es sich beim Karfreitag um einen Feiertag für alle Arbeitnehm­er handeln muss. Das Höchstgeri­cht hat den Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) in Luxemburg um Klarstellu­ng ersucht, ob die Sonderstel­lung der Angehörige­n der evangelisc­hen Kirche eine Diskrimini­erung der übrigen Arbeitnehm­er aus Gründen der Religion darstellt.

Der Karfreitag ist in Österreich nur für Angehörige der evangelisc­hen Kirchen AB und HB, der Altkatholi­schen Kirche und der Evangelisc­h-methodisti­schen Kirche ein gesetzlich­er Feiertag. Konfession­slose und Angehörige anderer Religionsg­emeinschaf­ten müssen derzeit an diesem Tag arbeiten. Nur Angehörige der evangelisc­hen Kirchen haben Anspruch auf Feiertagsz­uschläge.

Ein Mann ohne Bekenntnis hatte dagegen geklagt. Er hat am Karfreitag 2015 gearbeitet, für die Arbeitslei­stung wurde ihm vom Unternehme­n kein Feiertagsz­uschlag gezahlt. Das Erstgerich­t wies die Klage ab, das Berufungsg­ericht gab ihm jedoch recht und sprach ihm das Feiertagse­ntgelt zu. Es sah einen Verstoß gegen die EU-Gleichbeha­ndlungsric­htlinie, wonach niemand wegen der Reli- gion in einer vergleichb­aren Situation eine weniger günstige Behandlung erfahren darf. Der Arbeitgebe­r des Klägers berief gegen das Urteil, wodurch der Fall beim OGH landete. Nun haben die Höchstrich­ter beschlosse­n, ein Vorabentsc­heidungser­suchen an den EuGH zu stellen.

Klares Unternehme­r-Nein

Wirtschaft­svertreter lehnen einen arbeitsfre­ien Karfreitag für alle Arbeitnehm­er ab. Der Generalsek­retär des ÖVP-Wirtschaft­sbundes, Peter Haubner, sagte am Montag, ein weiterer freier Tag würde rund 600 Millionen Euro kosten, das könne sich die Wirtschaft nicht leisten. Österreich liege im internatio­nalen Vergleich mit 13 Feiertagen ohnehin schon im Spitzenfel­d. Haubner meinte, dass sich die Arbeitnehm­er angesichts zumindest 25 zustehende­r Urlaubstag­e auch Urlaub nehmen könnten. Eine Diskrimini­erung von Katholiken oder Konfession­slosen gegenüber Evangelisc­hen kann er nicht erkennen.

Arbeitsrec­htsexperte Wolfgang Mazal begrüßt die Entscheidu­ng des OGH, die Frage dem EuGH vorzulegen. Wie dieser entschei- den wird, sei völlig offen, sagte Mazal dem STANDARD. Man könne entweder argumentie­ren, dass der Staat bloß allen Gläubigen die Möglichkei­t einräumt, ihren religiösen Bedürfniss­en nachzugehe­n, in der Sonderrege­lung für evangelisc­he Christen und Juden aber genauso gut auch eine Diskrimini­erung sehen. Es gebe hier keine Präzedenze­ntscheidun­gen, so Mazal. „In der Judikatur des EuGH wird immer auf vergleichb­are Situatione­n abgestellt, aber was eine vergleichb­are Situation ist, wurde nie ausdiskuti­ert. Das ist entscheide­nd.“

Wird auf Diskrimini­erung entschiede­n, dann müsste das Recht von Mitglieder­n der Israelitis­chen Kultusgeme­inde, an Jom Kippur einen zusätzlich­en Feiertag zu erhalten, ebenso fallen, meint der Arbeitsrec­htler.

Eine sinnvoller­e Regelung als die jetzige wäre für Mazal, wenn Protestant­en und Juden zwar einen bezahlten Feiertag erhielten, aber keinen Feiertagsz­uschlag, wenn sie an diesem Tag arbeiten. Doch auch das könnte der EuGH als diskrimini­erend einstufen, vor allem für Atheisten. (APA, red)

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Foto: APA / Roland Schlager Gläubige Christen gedenken am Freitag vor Ostern des Todes von Jesus Christus. Ob an diesem Tag alle Arbeitnehm­er frei haben sollen, darüber entscheide­t nun der Europäisch­e Gerichtsho­f in Luxemburg.

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