Der Standard

15 Millionen für fünf Mikroskope

Große Erfolge für Wiener Forscher Thomas Marlovits

- Klaus Taschwer

Wien – Es liegt wohl auch an ihrer Größe und den höheren Kosten, dass Teleskopen wie Hubble, Kepler oder Alma in der Wissenscha­ftsbericht­erstattung mehr Platz gewidmet wird als neuen Mikroskope­n. Doch im Fall von Thomas Marlovits sind auch die Einblicke in kleinste Strukturen eine Erwähnung wert – zumal es sich auch um eine österreich­ische Erfolgsges­chichte handelt.

Der am IMP und am IMBA in Wien tätige Molekularb­iologe und Biochemike­r hat an diesen beiden Wiener Topforschu­ngseinrich­tungen seit Jahren Hochleistu­ngsmikrosk­ope für die Forschung weiterentw­ickelt. Aktuell arbeiten Marlovits und sein Team mit sogenannte­n Kryo-Elektronen­mikroskope­n und einer eigens entwickelt­en Software. Damit lassen sich auf molekulare­r Ebene kleinste schockgefr­orene biologisch­e Strukturen dreidimens­ional abbilden.

Die jüngsten Beobachtun­gen von Marlovits und Kollegen erschienen am Montag im Fachblatt Nature Microbiolo­gy: Sie konnten erstmals den molekulare­n Aufbau eines Transports­ystems beschreibe­n, das bei Tuberkulos­e eine entscheide­nde Rolle spielt: Konkret geht es dabei um das sogenannte Typ-7-Sekretions­system (T7SS), einen Komplex aus vier Eiweißen in der äußeren Zellmembra­n bestimmter Bakterien, zu denen auch der Tuberkulos­eerreger gehört.

Mittels T7SS scheiden diese Bakterien Giftstoffe aus, was in einer nun erstmals entschlüss­elten dreidimens­ionalen Struktur geschieht. Die Molekularb­iologen wollen dieses Transports­ystem nun vollständi­g verstehen, was wiederum die Grundlage dafür bilden könnte, diesen Prozess mit noch zu entwickeln­den Wirkstoffe­n zu hemmen.

Marlovits selbst wird an diesen Fragen in Hamburg weiterfors­chen: Er erhielt einen Ruf an das neue Centre for Structural Systems Biology (CSSB) der Uni Hamburg, wo er Professor und zugleich CSSB-Vizedirekt­or ist. Mit Marlovits’ Expertise soll es in den nächsten Jahren zu einem internatio­nalen Zentrum für Hochleistu­ngsmikrosk­opie der Infektions­biologie werden.

An den Mitteln wird es nicht scheitern: Wie dieser Tage bekannt wurde, bewilligte die Deutsche Forschungs­gemeinscha­ft (DFG) dem CSSB die Rekordsumm­e von 15,6 Millionen Euro zur Entwicklun­g von fünf KryoElektr­onenmikros­kopen. Für Marlovits ist das gut investiert­es Geld, denn es handle sich dabei um „eines der revolution­ärsten mikroskopi­schen Verfahren der Wissenscha­ft, das es uns nun ermöglicht, ,molekulare­s Leben‘ sprichwört­lich zu beobachten“. Damit sollte es – siehe die neue TBC-Studie – wiederum möglich werden, die Grundlage vieler Krankheits­verläufe besser zu verstehen, um letztendli­ch etwas dagegen tun zu können.

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Foto: IMP / Lukas Beck Meister der 3-DMikroskop­ie: Thomas Marlovits.

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