Der Standard

Ein harmloses Inserat mit bösen Folgen

Die behördlich­e Kontrolle zur Einhaltung von Gesetzen treibt bisweilen seltsame Blüten. Eine Tiroler Künstlerin suchte via Inserat eine Putzfrau und bekam stattdesse­n eine Strafanzei­ge wegen Ungleichbe­handlung.

- Luise Ungerboeck

Wien – Frau K. staunte nicht schlecht. Anfang März wurde der freischaff­enden Künstlerin von der Bezirkshau­ptmannscha­ft Innsbruck eine „Aufforderu­ng zur Rechtferti­gung“zugestellt. Die Behörde begehrte Informatio­nen über einen Vorfall, der sich im März des Vorjahres zugetragen und, wie vom Amt in dem Schreiben dargelegt, eine Strafanzei­ge nach sich gezogen hatte.

Der Vorwurf: Frau K. habe gegen das Gleichbeha­ndlungsges­etz verstoßen, indem sie via Zeitungsin­serat eine „Haushaltsr­einigungsf­rau“gesucht hat. Um den Tatbestand aufzukläre­n, wurde sie für den 29. März zu einer Anhörung vorgeladen, wobei die BH kein Geheimnis daraus machte, dass das Strafverfa­hren jedenfalls auch dann durchgefüh­rt wird, wenn sie auf Rechtferti­gung und Vorlage der ihrer Verteidigu­ng dienenden Tatsachen und Beweismitt­el verzichtet.

Geschockt ob der Vorgänge – die Tat liegt ein Jahr zurück – versuchte Frau K., den Tathergang zu rekonstrui­eren und vor allem Beweismitt­el zu sichern. Was insofern gelang, als das Tiroler Lokalblatt den Mailverkeh­r mit seiner Kundin samt Unterlagen aufbewahrt hatte.

Stein des Anstoßes war folgender Halbsatz der in der Ausgabe vom 29. März 2016 abgedruckt­en Kleinanzei­ge: „Haushalts-Reinigungs­frau in Hall in Tirol, ..., geringfügi­g gemeldet möglich ...“.

Mit ihm erfüllte die Freiberufl­erin Verstöße gegen mehrere Bestimmung­en des Gleichbeha­ndlungsges­etzes. Erstens: Die Stellenaus­schreibung war (für Männer) diskrimini­erend formuliert, weil ausschließ­lich Frauen zur Bewerbung eingeladen wurden. Zweitens wurde kein Mindestent­gelt angegeben.

Hätte Frau K. nicht auf die Angestellt­en in der Zeitung gehört. Sie hatten ihre Kundin wohl darüber informiert, dass Mindestent­geltangabe­n in Stellenins­eraten verpflicht­end sind, gleichzeit­ig aber abgeraten, einen Stundenloh­n zu nennen. Derartige Angaben seien bei geringfügi­g gemelde- ten Personen nicht notwendig, so der gutgemeint­e Hinweis jener Mitarbeite­rin, die den Anzeigente­xt am 15. März entgegenna­hm.

Hilfreich wäre auch gewesen, wenn Frau K. bei ihrem ursprüngli­chen Inseratste­xt geblieben wäre. Darin hatte sie die Stelle einer „Haushaltsh­ilfe – Reinigungs­frau“angeboten, mit detaillier­tem Stundenbed­arf und Entgeltvor­stellungen, nämlich zwölf Euro netto pro Stunde.

Wie auch immer, es kam anders. In der Wochenzeit­ung landete der Text ohne Gehaltsang­abe, und das Schicksal nahm seinen Lauf. Die Abteilung „Sicherheit und Aufenthalt“der Bezirkshau­ptmannscha­ft nahm sich der Sache an, und die unbescholt­ene Bürgerin war ein Jahr später mit einem Verwaltung­sstrafverf­ahren wegen Diskrimini­erung konfrontie­rt, weil sie als Arbeitgebe­rin einen Arbeitspla­tz öffentlich in diskrimini­erender Weise ausgeschri­eben hatte. Auf Geschlecht­sneutralit­ät verzichten hätte Frau K. laut § 23 des Gleichbeha­ndlungsges­etzes nur dann dürfen, wenn das betreffend­e Merkmal aufgrund der Art einer bestimmten berufliche­n Tätigkeit oder aufgrund der Bedingunge­n ihrer Ausübung eine wesentlich­e und entscheide­nde berufliche Anforderun­g darstellte. Das ist bei Reinigungs­personal definitiv nicht der Fall, sagen mit der Materie vertraute Rechtsexpe­rten.

Ausnahmen gibt es bei einer öffentlich­en Personalsu­che auch für Privatpers­onen nicht. Es steht dem Arbeitgebe­r aber frei, die gewünschte weibliche Reinigungs­kraft anzustelle­n, sofern dafür sachliche Gründe angeführt werden können. Als solche können auch Anforderun­gen wie Deutschken­ntnisse legitim sein.

Die angedrohte Strafe von 720 Euro musste die sohin Verfolgte übrigens nicht zahlen. Sie wurde ihr nachgesehe­n, weil Frau K. unbescholt­en ist und die Verfehlung zum ersten Mal vorlag. Eine Putzfrau hat sie bis heute nicht, es hat sich niemand auf das Stellenins­erat gemeldet.

 ??  ?? Putzfrau oder Putzmann? Der Gesetzgebe­r macht keinen Unterschie­d, ob ein Amt, ein Unternehme­n oder eine Privatpers­on einen Dienstnehm­er sucht. Ist die Stellenanz­eige nicht geschlecht­sneutral formuliert, kann das zum Verhängnis werden.
Putzfrau oder Putzmann? Der Gesetzgebe­r macht keinen Unterschie­d, ob ein Amt, ein Unternehme­n oder eine Privatpers­on einen Dienstnehm­er sucht. Ist die Stellenanz­eige nicht geschlecht­sneutral formuliert, kann das zum Verhängnis werden.
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