China reiht sich aktiv in die Anti-Kim-Koalition ein
Peking droht Nordkorea mit echten Sanktionen. Es könnte den Ölhahn zudrehen, wenn Kim seine Atom- und Raketentests nicht stoppt. Staatschef Xi telefonierte mit Trump, um einen kriegerischen Showdown abzuwenden.
Deutlicher könnte die Demonstration Pekings, wie schlecht es um seine Beziehungen zu Pjöngjang steht, nicht ausfallen. Bis Samstag, ganze fünf Tage lang, bleibt Chinas Sonderbeauftragter und einst höchster Unterhändler für ein nuklearwaffenfreies Nordkorea, Wu Dawei, in Südkorea. Eigentlich hätte er in Pjöngjang sein müssen. Dort lässt Machthaber Kim Jong-un am Samstag pompös den „Feiertag der Sonne“zelebrieren, den 105. Geburtstag von Staatsgründer Kim Il-sung. Der Großvater des jetzigen 33-jährigen Diktators war einst Waffenbruder von Mao Tse-tung, der ihn im blutigen Koreakrieg (1950–1953) mit Millionen Soldaten gegen Südkorea und die USA unterstützte. Seither waren beide Staaten enge Verbündete. Diesmal fehlen Chinas Politiker bei den Feiern.
Die Nachbarn China und Nordkorea kommen schon lange nicht mehr miteinander aus. Stattdessen warnten Wu und Südkoreas Außenpolitiker gemeinsam den nordkoreanischen Diktator: Sie würden neuen Provokationen durch einen sechsten unterirdischen Atomwaffentest oder einem weiteren Raketenabschuss nicht untätig zuschauen. Das einflussreiche chinesische Parteiblatt Glo- bal Times schrieb am Mittwoch, dass Pekings Führung zu neuen Sanktionen im Rahmen der UN bereit sei. Als Beispiel nannte die Zeitung, erstmals die „Ölexporte nach Nordkorea zu drosseln“. Kims Politik sei zur wachsenden „strategischen Bedrohung“geworden. Noch nie sei die koreanische Halbinsel so nah vor einem militärischen Zusammenstoß gestanden, seit Nordkorea 2006 seine erste Atomwaffe testete.
Solche Warnungen sind neben den von Südkoreas Militärs beobachteten Truppenaufstockungen an Chinas Grenzen zu Nordkorea erste Anzeichen, dass Pekings Regierung tatsächlich Druck auf Kim ausüben will, keinen Showdown mit den USA zu wagen. Am Mittwoch telefonierte Staatschef Xi Jinping dazu auch mit US-Präsident Donald Trump. Wie das staatliche Fernsehen CCTV meldete, versicherte Xi, dass Peking eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel wolle. Der Konflikt sollte mit friedlichen Mitteln gelöst werden. China wolle sich mit den USA in dieser Frage „abstimmen“.
Xis Anruf kam nur vier Tage nach seinem informellen Gipfel mit Trump am vergangenen Wo- chenende, den beide Seiten als erfolgreich darstellen. Xi reagierte auch auf einen Stunden zuvor gesendeten neuen Tweet von Trump. Der verriet, welches Ultimatum er Xi beim Gipfeltreffen gestellt hatte. „Nordkorea ist auf Ärger aus. Wenn China sich entschließt zu helfen, wäre das großartig. Fall es nicht dazu kommt, werden wir das Problem ohne sie lösen.“Trump twitterte auch: „Ich erklärte dem Präsidenten, dass sich China bei seinen Handelsdeals mit den USA besserstellen würde, wenn sie mithelfen, das Nordkorea-Problem zu lösen.“
Direkte chinesische Stellungnahmen blieben aus. Aber es gibt Anzeichen, dass sich China aus eigenem Interesse in die neue Koalition einreiht, die Nordkorea im ersten Schritt von seinen Tests abbringen und an den Verhandlungstisch zwingen will, bevor es zum Konflikt kommt. Noch am Tag des Xi-Trump-Gipfels wies etwa Chinas Zoll am 7. April chinesische Reedereien an, alle beladenen Kohlefrachtschiffe aus Nordkorea, die schon in chinesischen Häfen ankerten, wieder zurückzuschicken. Peking hatte am 26. Februar als neue Sanktion den völligen Kohle-Einfuhrstopp bis Ende 2017 verhängt. China kommt die größte Rolle bei den Sanktionen zu. Nach Angaben des WTO-Handelszentrums (ITC) liefen 2016 91,5 Prozent des gesamten Außenhandels Nordkoreas im Umfang von sechs Milliarden USDollar über China. Mit Russland waren es nur 76 Millionen.
USS Carl Vinson
Kommentarlos reagierte Peking auf Trumps Entsendung eines Marineverbands mit dem Flugzeugträger USS Carl Vinson in den westlichen Pazifik. Kim kann mit keinerlei Unterstützung aus China rechnen, wenn er allen Warnungen zum Trotz die USA, Südkorea und Japan mit neuen Atomoder Raketentests provoziert.
Am Samstag sollen die USKriegsschiffe in den Gewässern der koreanischen Halbinsel eintreffen. Trump erweiterte am Mittwoch seine Drohungen. In den Meeren dort seien auch „viel mächtigere“U-Boote unterwegs.
Ein Sprecher des nordkoreanischen Außenministeriums zeigte sich bisher unbeeindruckt. Laut staatlicher Agentur KCNA sagte er, Nordkorea sei bereit, jede Art des Krieges zu führen.