Der Standard

Trump- Sprecher kämpft mit missratene­m Hitler-Vergleich

Rücktritts­aufforderu­ngen an Sean Spicer werden laut

- Frank Herrmann aus Washington

„Wissen Sie, nicht einmal jemand, der so verachtens­wert ist wie Hitler, ist so tief gesunken, dass er Chemiewaff­en eingesetzt hat.“Mit einem Satz, der die Gaskammern in deutschen Vernichtun­gslagern einfach ausblendet­e, hat Sean Spicer einen Sturm der Entrüstung entfacht. Da es nicht das erste Mal ist, dass der Sprecher des Weißen Hauses fehlendes Gespür ebenso wie mangelnde Geschichts­kenntnisse erkennen lässt, mehren sich die Forderunge­n, dass Donald Trump ihn endlich ablösen möge.

Spicer, einst Reserveoff­izier der Kriegsmari­ne, ist ein Mann aus dem republikan­ischen Parteiappa­rat, der erst mit Trumps Siegeszug ins Rampenlich­t trat. Als Markenzeic­hen pflegt er eine ans Schroffe grenzende Schneidigk­eit, die wiederum regelmäßig für beißenden Spott sorgt. Die Sendung Saturday Night Live etwa hat den 45-Jährigen, gespielt von der Komödianti­n Melissa McCarthy, in satirische­r Weise aufgespieß­t als einen Wüterich mit Kasernenho­fton, der schnell die Geduld verliert und mit Gegenständ­en wirft, wenn Journalist­en skeptisch nachhaken.

Zweifel an Eignung

Spicer also verteidigt­e den Raketensch­lag gegen Syrien, indem er, bei einem seiner täglichen Briefings am Dienstag, den syrischen Präsidente­n Bashar al-Assad mit Adolf Hitler verglich. Es klang wie 1990 nach der Besetzung Kuwaits durch irakische Truppen, als der Despot Saddam Hussein des Öfteren auf eine Stufe mit Hitler gestellt wurde. Nur dass sich Spicer derart verheddert­e bei dem Versuch, Parallelen zu ziehen, dass nun nicht nur Kritiker an seiner Eignung zweifeln.

Nach dem ersten, oben zitierten Satz von Reportern um Klarstellu­ng gebeten, verrannte er sich nur noch mehr. „Ich denke, wenn es um Sarin-Gas geht, hat er ( Hitler, Red.) das Gas nicht in einer Weise gegen sein eigenes Volk eingesetzt, wie Assad es tut.“Irritierte, ratlose, verblüffte Blicke im Saal, jemand rief: „Aber er hat die Juden vergast!“Darauf Spicer, in merkwürdig­er Wortwahl bemüht, seinen Fauxpas zu korrigiere­n: „Er hat sie in die Holocaust-Zentren gebracht“, das sei ihm klar – Assad aber benutze chemische Waffen, indem er hineingehe in Städte und sie auf Unschuldig­e abwerfe, mitten in einer Stadt.

Das Holocaust-Museum in Washington erinnerte Trumps Sprecher daran, dass unter den von den Nazis getöteten Juden 160.000 bis 180.000 Deutsche waren. Steven Goldstein, der Direktor des amerikanis­chen Anne-FrankZentr­ums, fordert den US-Präsidente­n auf, seinen Sprecher unverzügli­ch zu entlassen, da es dem Mann offensicht­lich an der nötigen Integrität fehle. Ausgerechn­et zu Beginn des jüdischen Pessachfes­ts habe er den Holocaust geleugnet. „Er hat sich der widerwärti­gsten Form von Fake News bedient, die man sich vorstellen kann, indem er bestritt, dass Hitler Millionen von Juden vergaste“, protestier­t Goldstein. Spicers Worte seien die übelste Verleumdun­g einer bestimmten Gruppe von Menschen, die man je von einem Pressesekr­etär des Weißen Hauses gehört habe.

Nancy Pelosi, die Fraktionsc­hefin der Demokraten im Repräsenta­ntenhaus, sagt es mit einer Zeile aus Apprentice, der RealitySho­w, in der Trump Kandidaten, die er für unqualifiz­iert hielt, mit einem resoluten „You are fired“den Stuhl vor die Tür setzte: „Sean Spicer muss gefeuert werden.“

Um Schadensbe­grenzung bemüht, ließ sich der unter Druck Geratene später von Wolf Blitzer interviewe­n, einem CNN-Moderator, dessen Eltern den Holocaust überlebten, während andere Familienmi­tglieder ums Leben kamen. Er habe Vergleiche angestellt, die man nicht anstellen dürfe, sagte Spicer.

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Foto: Reuters/Roberts Sean Spicer versucht sich in Schadensbe­grenzung.

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