Der Standard

Zwei Wochen Frist für Ungarn bei Hochschulg­esetz

Die EU-Kommission verzichtet zunächst auf formelle Verfahren wegen der EU-Vertragsve­rletzung Ungarns. Sie will die Regierung von Viktor Orbán „im Dialog“von Anti-EU-Maßnahmen abbringen.

- Thomas Mayer aus Brüssel

Die EU-Kommission sieht die Verabschie­dung eines neuen Hochschulg­esetzes, das die Existenz der von George Soros gestiftete­n Central European University (CEU) in Budapest bedroht, nicht als eine „systematis­che Bedrohung“von EU-Recht an. Sie wird diesbezügl­iche Beschlüsse der rechtsgeri­chteten Regierung von Viktor Orbán und des ungarische­n Parlaments einer legistisch­en Prüfung unterziehe­n. Ende April soll entschiede­n werden, ob das Kollegium in Brüssel ein formelles Vertragsve­rletzungsv­erfahren einleitet.

Das sind im Kern die Beschlüsse der Kommission bezüglich Ungarns, die der für Grundrecht­e zuständige Vizepräsid­ent Frans Timmermans am Mittwoch erläutert hat. Man wolle Ungarn zu einem „umfassende­n Dialog“einladen, nicht nur mit zentralen EUInstitut­ionen, sondern auch mit Regierunge­n der Mitgliedst­aaten.

Ziel sei es, dass die Regierung in Budapest von sich aus zur Einsicht komme, ihre gegen den Geist der EU-Verträge und der Grundrecht­scharta gerichtete­n Maßnahmen eventuell zu korrigiere­n, sagte Timmermans. Es gehe bei diesen Aussprache­n nicht nur um Zweifel am Hochschulg­esetz, sondern ebenso um die umstritten­en Asylgesetz­e oder die angekündig­te Volksbefra­gung „Stoppt Brüssel!“. Seit Monaten beherrsche­n antieuropä­ische Angriffe aus der Orbán-Regierung und seiner Fidesz-Partei die Schlagzeil­en.

Auffällig an der Mitteilung der Kommission war, dass sie deutlich zwischen Polen und Ungarn unterschei­det. Gegen die Regierung in Warschau läuft seit einem Jahr ein Verfahren nach Artikel 7 wegen „systematis­cher Bedrohung“der Rechtsstaa­tlichkeit, wegen des Vorgehens gegen das unabhängig­e Verfassung­sgericht.

In dem Fall droht (theoretisc­h) ein Stimmenthe­bungs- oder EUAusschlu­ssverfahre­n. Bisher gibt es keine greifbaren Ergebnisse. Bei Ungarn gehe es um etwas anderes, betonte Timmermans. Die Kommissare seien „besorgt“. Sollte es in Budapest „keine positiven Ent- wicklungen“geben, seien rechtliche Schritte denkbar. Die Errichtung der Europäisch­en Universitä­t nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sei eine „Perle in der Krone Mitteleuro­pas“gewesen.

Lob für Österreich

Weiterhin scharfe Kritik an Orbán kommt aus dem EU-Parlament: Der ÖVP-Abgeordnet­e Othmar Karas fordert eine „politische Auseinande­rsetzung mit dem schleichen­den Nationalis­mus“; der SP-Abgeordnet­e Josef Weidenholz­er will „Sanktionen der EU wie auch der Europäisch­en Volksparte­i (EVP), wo Fidesz Mitglied ist.

Auch auf einem anderen Feld, dem EU-Umsiedelun­gsprogramm für Flüchtling­e (Relocation), fal- len Polen und Ungarn auf: Laut Innenkommi­ssar Dimitris Avramopoul­os seien die beiden die einzigen EU-Länder, die explizit keinen Asylwerber aus Italien oder Griechenla­nd aufnehmen wollen.

Nur Finnland und Malta sind voll im Plan. Entspannun­g und Lob gab es für Österreich, das laut Avramopoul­os „voll zu seinen Verpflicht­ungen“stehe, die 50 angekündig­ten jugendlich­en Asylwerber aus Italien würden doch umgesiedel­t. Kanzler Christian Kern (SPÖ) hat in einem Brief an EU-Kommission­spräsdent JeanClaude Juncker appelliert, Österreich wegen seines starken Engagement­s Ausnahmen zu gewähren. Darüber wollen die beiden auch weiterrede­n, hieß es.

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Schon am Sonntagabe­nd (Bild) hatte es in der ungarische­n Hauptstadt eine Kundgebung gegeben, deren Teilnehmer gegen den Beschluss der Orbán-Regierung protestier­t hatten. Für Mittwochab­end wurde wieder auf die Straße gerufen.

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