Der Standard

Rache statt Recht

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Endlich wissen wir, was Newton, Einstein und Heisenberg gemeinsam haben. Sie haben Fehler gemacht. Wir verdanken diese Erkenntnis Erwin Pröll, der bei einem ZiB 2- Interview Armin Wolf ermahnte: „Machen Sie nicht den Fehler, Dinge zu erklären, die nicht zu erklären sind.“

Das Paradoxe an dieser Aussage ist, dass sie selbst völlig unerklärli­ch ist. Pröll bezog sie nämlich auf eine klare und sachlich vollkommen richtige Beschreibu­ng Wolfs der Vorgänge und Versäumnis­se rund um die „Erwin-Pröll-Privatstif­tung“. Der ZiB-Moderator konnte sich dabei auf mittlerwei­le allgemein bekannte Tatsachen berufen, die vom scheidende­n Landeshaup­tmann trotzig als „Stumpfsinn“klassifizi­ert wurden. Das erinnerte an das Verhalten von Menschen, die unerwünsch­ten, an der Haustür klopfenden Besuch mit dem Ausruf „Niemand zu Hause“von ihrer Abwesenhei­t zu überzeugen versuchen. Ein Verhalten, das zum rätselhaft­en Gesamteind­ruck passte, den Pröll bei diesem Gespräch hinterließ. Der Verlust von Contenance und Souveränit­ät beschleuni­gte sich im Zuge einer Verteidigu­ng der Bezeichnun­g „Landesfein­d“für politisch Unbotmäßig­e und gipfelte in einer offenen Drohung mit berufliche­n Konsequenz­en für Wolf.

Doch wer darin nur einen spontanen, aber nicht dauerhafte­n Ausdruck einer nurmehr vom eigenen Haarkranz im Zaum gehaltenen Hitzköpfig­keit gesehen hatte, wurde bald aufs Neue überrascht. Zehn Tage später schäumte Pröll in einem News- Interview noch immer, dass „es notwendig sei, auch mit anderen demokratis­chen Möglichkei­ten im ORF nach dem Rechten zu sehen“.

Dass der Radlbrunne­r Rächer sich ausgerechn­et im Gespräch mit dem Journalist­en Hubert Wachter über „gelenkten Journalism­us“beschwerte, ist zwar so, als hätte sich Walt Disney gegenüber Micky Maus über Zeichentri­ckfiguren beklagt, ändert aber nichts an der Ernsthafti­gkeit des darin geäußerten Wunsches nach Vergeltung. Wie kommt es, dass der bisher vielleicht mächtigste Politiker Österreich­s seine künftige Rolle als Elder Statesman bewusst in Richtung Spätpubert­ät anlegt? Gehört das etwa zu „Dingen, die nicht zu erklären sind“?

Wer den Fehler wagen will, es trotzdem zu versuchen, wird dabei im Burgenland fündig. Dort sehen sich Unterstütz­er der erfolgreic­hen Bürgerinit­iative gegen den Glashausba­u in Frauenkirc­hen gerade mit einem an Würdelosig­keit nicht zu übertreffe­nden persönlich­en Rachefeldz­ug des Landeshaup­tmannes konfrontie­rt. Praktische­n Nutzen hat Niessl davon keinen, es geht nur um seine Gekränkthe­it, weil er in einer für ihn wichtigen Sache nicht recht bekommen hat. Kann es sein, dass in Allmachtsf­antasiewel­ten lebende Landeshaup­tleute generell mit solchen Situatione­n nicht umgehen können und deshalb in irrational­e Vendetta-Träume flüchten? Oder geht es bei den Rachegelüs­ten gar um ganz was anderes, nämlich um Ablenkung? Was mit den öffentlich­en Geldern in der „ErwinPröll-Stiftung“passiert, war dieser Tage in heimischen Medien ebenso selten Thema wie das Auffliegen eines 50Millione­n-Euro-Spekulatio­nsskandals des Landes Burgenland. Vielleicht sollten hier noch ein paar Fehler à la Armin Wolf riskiert werden.

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