Der Standard

Ziemlich beste Feinde

Innenpolit­isches Kalkül wirkt sich auf das Verhältnis Trumps zu Russland aus

- Alexandra Föderl-Schmid

Da ist Enttäuschu­ng im Spiel, aber auch viel Symbolik: Dass der russische Präsident Wladimir Putin den amerikanis­chen Außenminis­ter Rex Tillerson hinhielt und am Mittwochna­chmittag erst im letzten Moment bereit war, ihn im Kreml zu empfangen, war eine demonstrat­ive Geste. Bisher war es diplomatis­cher Usus, dass der Präsident auch den obersten Chefdiplom­aten Washington­s bei dessen Antrittsbe­such im Kreml empfängt.

Dass Tillerson warten musste, war eine Demütigung für jemanden, den Putin persönlich im Juni 2013 mit dem „Orden der Freundscha­ft“ausgezeich­net hatte. Die Nominierun­g des damaligen ExxonMobil-Managers als Außenminis­ter hatten die Russen begrüßt wie zuvor bereits die Wahl von Donald Trump. Den wollte Putin mit seiner brüsken Haltung eigentlich treffen. Mit seinen 59 Raketen, die er vergangene Woche als Vergeltung für den dem Assad-Regime zugeschrie­benen Giftgasans­chlag in der Provinz Idlib auf eine syrische Militärbas­is niedergehe­n ließ, traf er auch Russland und dessen Hoffnungen auf eine Verbesseru­ng der russisch-amerikanis­chen Beziehunge­n. Moskaus Erwartunge­n, dass die von Barack Obama betriebene­n Sanktionen endlich aufgehoben wurden, wurden mit dem Raketenbes­chuss ebenfalls torpediert. s war kein Zufall, dass ein Interview mit Putin just publiziert wurde, als Tillerson schon in Moskau weilte. Das Vertrauen in die Zusammenar­beit mit den Amerikaner­n, vor allem auf militärisc­her Ebene, „hat sich nicht verbessert, sondern eher verschlech­tert“, polterte Putin. Trotzig verteidigt­e er einmal mehr die syrische Regierung gegen die Chemiewaff­envorwürfe und verwies auf die Verletzung des Völkerrech­ts durch den US-Miltärschl­ag. Zuvor hatte Trump Putin vorgeworfe­n, in Syrien eine „böse Person“zu unterstütz­en. Baschar al-Assad sei „ein Tier“.

Putin versteht die Sprache des USPräsiden­ten, er keilt auf die gleiche Weise zurück. Den Natostaate­n, die sich hinter Trumps Angriff gestellt haben, warf er vor: „Sie nicken wie chinesisch­e Götzenbild­er.“Vor einer weiteren Herabstufu­ng der sicherheit­spolitisch­en Beziehunge­n scheut Putin aber zurück, obwohl inzwischen klar ist, dass auch die USA auf einen Regimewech­sel in Syrien drängen.

EAuch er will offensicht­lich abwarten, wie sich Trumps Außenpolit­ik entwickelt. Mit der Militärakt­ion in Syrien und den Drohgebärd­en gegenüber Nordkorea hat Trump Zeichen gesetzt, aber noch keine Doktrin formuliert. Das Verhältnis zu Moskau ist noch immer unbestimmt. In Erinnerung sind Trumps Aussagen während des Wahlkampfs. Nach und nach wurden irritieren­de Nahebezieh­ungen von Trump-Mitarbeite­rn zu russischen Repräsenta­nten bekannt, es gibt bereits zwei parlamenta­rische Untersuchu­ngen und mehrere strafrecht­liche Ermittlung­en. Geheimdien­ste se- hen eine Einmischun­g Russlands in den US-Wahlkampf als erwiesen an. Gerüchte über eine mögliche Erpressbar­keit Trumps durch russische Informatio­nen schwirren weiter herum.

Innenpolit­isches Kalkül, sich gegenüber Moskau als möglichst unabhängig zu präsentier­en, wird Trumps künftige Russland-Politik mitbestimm­en. Dann werden Trump und Putin nicht ziemlich beste Freunde, sondern die bisherige Frontstell­ung bleibt. Das dürfte zumindest in den meisten EUStaaten Befürchtun­gen über einen USPolitikw­echsel verringern, aber nicht verschwind­en lassen.

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