Der Standard

KOPF DES TAGES

PR-Fiasko für einen sonnigen Airline-Boss

- Sigrid Schamall

Die Bilder eines blutenden Flugreisen­den gingen um die Welt. Mit Gewalt wird ein Passagier wie ein nasser Sack von seinem Sitz über den Korridor gezerrt, um dann aus der Maschine der United Airlines zu fliegen. Der Grund: Der Flug 3411 war überbucht. Was folgte, war ein orkanartig­er Shitstorm. Doch der Chef der drittgrößt­en US-Fluggesell­schaft, Oscar Munoz, entschuldi­gte sich erst nur halbherzig. Dann, als die weltweite Empörung nicht abflaute und selbst die Aktie im Sog der Proteste heftig gebeutelt wurde, ging er medienwirk­samer in die Knie. Er versprach, so etwas werde nicht wieder passieren. Mit Nachdruck bezeichnet­e er das, was geschehen war, als „wirklich schrecklic­hes Ereignis“und beteuerte, es sei nie zu spät, das Richtige zu tun.“

Dennoch kam das Verspreche­n reichlich spät für jemanden, der erst vor wenigen Wochen zum „Kommunikat­or des Jahres 2017“gekürt worden war. Der Preis wurde Munoz von der Branchenpu­blikation PR Week verliehen. Die Zeitschrif­t schwärmte, Munoz sei ein „charismati­scher CEO“und verstehe als „kluge, engagierte und exzellente Führungskr­aft“den Wert von Kommunikat­ion. Nach Stationen unter anderem bei Coca-Cola, AT&T und beim US-Eisenbahnr­iesen CSX steht der Manager seit September 2015 an der Konzernspi­tze von United Airlines. Sein Vorgänger, Jeff Smisek, war zuvor überrasche­nd abgetreten, nachdem gegen ihn wegen Korruption­sverdachts ermittelt wurde. Die Riesenabfi­ndung für den gescheiter­ten Manager, die bis zu 37 Millionen Dollar betragen könnte, schlug noch lange Zeit Wellen.

Nur einen Monat nach Amtsantrit­t erlitt Munoz einen Herzinfark­t. In Chicago wurde ihm wenige Wochen später das Spenderorg­an eines 30 Jahre alten Mannes eingepflan­zt. Im März des darauffolg­enden Jahres saß er wieder in seinem Chefsessel – auf Wunsch der Belegschaf­t.

Der 58-Jährige wurde als ältestes von neun Kindern einer US-mexikanisc­hen Familie in Kalifornie­n geboren. Er sei der Erste seiner Familie mit einem Kollege- und Universitä­tsabschlus­s gewesen, sagte Munoz später. Man dürfe nie die eigenen Wurzeln vergessen, gaben ihm seine Eltern mit auf seinen Karrierewe­g. Wegbegleit­er loben das sonnige Gemüt des vierfachen Vaters, seine umgänglich­e Art und seinen Kampfgeist. Die Airline glänzt mit Zahlen, Munoz selbst verdient 6,7 Millionen Dollar im Jahr. Bis das Horrorvide­o seine Runden machte, schien er am Ziel.

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Foto: AP United-Chef Oscar Munoz hat auf den Rauswurf eines Passagiers spät reagiert.

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