Der Standard

Höchstgeri­cht: Auch bei Negativzin­sen kein Geld für Kreditnehm­er

Der VKI blitzte beim Obersten Gerichtsho­f ab: Selbst wenn die Zinsen unter null Prozent fallen sollten, müssen Banken diesen Vorteil nicht an Kreditnehm­er weitergebe­n.

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Wien – Die heimischen Banken können aufatmen: Selbst wenn die Zinsen negativ werden sollten, müssen sie keine Zahlungen an Kreditnehm­er leisten. Diese Entscheidu­ng gab der Oberste Gerichtsho­f am Donnerstag bekannt. Im Anlassfall hatte der Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) geklagt, weil eine Bank Fremdwähru­ngskreditn­ehmern mitgeteilt hatte, den Sollzinssa­tz bei null einzufrier­en. Die Entscheidu­ng gilt laut Gericht auch für Eurokredit­e. (red)

Wien – Kreditnehm­er, die aufgrund des niedrigen Zinsumfeld­s gehofft hatten, sie würden weniger Kapital zurückzahl­en müssen, als sie von der Bank geliehen haben, werden enttäuscht. Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) hat entschiede­n, dass Kreditnehm­er das Kapital zur Gänze zurückzahl­en müssen. Die Banken dürfen Negativzin­sen zahlen, sind dazu aber nicht verpflicht­et.

Der Hintergrun­d des aktuellen Falls: Im Februar 2015 versandte eine österreich­ische Bank (der OGH nennt keinen Namen) an ihre Fremdwähru­ngskreditn­ehmer ein Schreiben, in dem sie klarstellt­e: Sollte der Sollzinssa­tz negativ werden, wird es keine Zinszahlun­gen der Bank an die Kunden geben, sondern es werde der Zinssatz bei null Prozent eingefrore­n.

Der Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) klagte daraufhin die Bank auf Unterlassu­ng. Der VKI sah eine Verletzung der Pflicht zur Vertragstr­eue und eine Verletzung der „Anpassungs­symmetrie“, weil die Zinsanpass­ung nach oben offen, nach unten aber bei null begrenzt sei. Das Erstgerich­t teilte diese Rechtsansi­cht auch und gab der Klage des VKI statt. Das Berufungsg­ericht wies hingegen die Klage ab.

Deshalb musste nun der Oberste Gerichtsho­f entscheide­n – und er gab der Revision des VKI nicht Folge. Beim Grundsatz der Ver- tragstreue handle es sich um ein „zivilrecht­liches Prinzip, nicht aber um ein in jedem Einzelfall einzuhalte­ndes konkretes Gebot“, heißt es. Das zeige schon die vom Gesetz mehrfach eröffnete Möglichkei­t, sich unter gewissen Umständen von einem Vertrag lösen zu können.

Kreditnehm­er hat zu zahlen

Auch die Anpassungs­symmetrie sieht der OGH bei einem Einfrieren der Sollzinsen bei null Prozent nicht verletzt. „Bei einem Kreditvert­rag sind sich die Vertragspa­rteien regelmäßig darüber einig, dass der Kreditnehm­er, nicht der Kreditgebe­r Zinsen zu zahlen hat“, heißt es wörtlich. Der Kreditnehm­er könne bestenfall­s damit rechnen, keine Sollzinsen zahlen zu müssen, nicht aber, dass der Kreditgebe­r bereit ist, dem Kreditnehm­er Zinsen zu zahlen. (red)

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