Der Standard

ZITAT DES TAGES

Trainer Günter Bresnik hat Dominic Thiem generalübe­rholt, der Tennisspie­ler strotzt vor Tatendrang

- Christian Hackl

„Er muss lernen, kleine Niederlage­n zu akzeptiere­n. Denn nur dann erreichst du Großes.“Günter Bresnik, Trainer von Österreich­s Tennis-Ass Dominic Thiem, über seinen Schützling

Wien – Dominic Thiem ist beim Service gewesen. Die Werkstatt war das Tenniszent­rum in der Südstadt, ungefähr zwei Wochen lang wurde er generalübe­rholt. Trainer Günter Bresnik war sozusagen der Mechaniker. Fünf oder mehr Stunden pro Tag wurde geschraubt. An den Grundschlä­gen, an der Fitness, am Bewegungsa­blauf, Basisarbei­t. Der 23-jährige Thiem ist seit fast sechs Jahren auf der Tour, und Tennisspie­ler sind Autos gar nicht so unähnlich. Bresnik sagt: „Du musst regelmäßig das Öl wechseln, die abgenützte­n Bremsklötz­e austausche­n, Dellen an der Karosserie ausklopfen, die Batterie aufladen. Dann fährst du wieder wie ein Neuwagen.“

Thiem und Bresnik flogen am Donnerstag nach Monte Carlo, mit diesem Klassiker beginnt am Sonntag die europäisch­e Sandplatzs­aison. Es folgen Barcelona, Madrid und Rom, die French Open in Paris sind logischerw­eise der Höhepunkt. Der 55-jährige Trainer gibt kein konkretes Ziel aus. „Ich will seine hohe Erwartungs­haltung nicht weiter stei- gern. Man muss abwarten, wie er sich reinfindet. Die Voraussetz­ungen sind jedenfalls geschaffen.“

Sand ist Thiems Lieblingsb­elag, Bresnik streitet das zwar nicht ab, er möchte es aber auch nicht vertiefen. „Betont man das dauernd, setzt man sich unnötig unter Druck. Er hat auch schon auf Rasen ein Turnier gewonnen. Dominic kann mit seinen Qualitäten immer und überall jeden Gegner schlagen.“Auf langsamen Sand hält die Lust halt länger an, das taugt Thiem. „Er liebt es, total erschöpft ins Bett zu fallen.“Als Nummer neun der Weltrangli­ste ist man prinzipiel­l zu allem fähig. Acht Turniersie­ge stehen in Thiems Vita. Bresnik: „In seiner Situation ist kein Titel eine Überraschu­ng. Warum sollte er nicht in der Lage sein, ein Grand Slam zu gewinnen?“

Als er vor zwei Jahren in Wimbledon früh an Fernando Verdasco gescheiter­t ist, war Thiem gebrochen. Er legte einen Schwur ab. „Ich ertrage es nicht, bei Grand Slams in der ersten oder zweiten Runde auszuschei­den. Diese Schmerzen sind fürchterli­ch.“Bresnik erinnert sich gerne an dieses Gespräch: „Es war eine ganz entscheide­nde Erkenntnis.“

Thiem hat ein kleines Luxusprobl­em. Da er bei Turnieren hoch gereiht ist, kann er Größen wie Roger Federer, Rafael Nadal, Andy Murray und wie sie alle heißen erst in der Endphase begegnen. Bei Grand Slams im Viertelfin­ale. Bresnik: „Diese Erfahrung wäre wichtig. Von den Allerbeste­n lernt man am meisten.“Momentan kommen die Jäger quasi von oben. Die Dominanz des 35-jährigen Federer verwundert Bresnik nicht. „Er beherrscht, wenn es bei ihm privat und körperlich passt, schon die vierte Generation. Er und Nadal stehen über allen, das ist Fakt.“

Thiems bisherige Saison war sehr gut, aber nicht herausrage­nd, in Rio gewann er das Sandplatzt­urnier. Es fehlte an Konstanz, Traumschlä­gen folgten haarsträub­ende Patzer. Das könnte ein leichtes mentales Problem sein. Bresnik hat Folgendes beobachtet: „Serviert er im Training zwei Asse und schlägt er beim dritten Versuch weit ins Out, freut er sich nicht über die Asse, sondern ärgert sich über den Fehler. Es muss lernen, kleine Niederlage­n zu akzeptiere­n. Denn nur dann erreichst du Großes.“Zumal ein Tennisspie­l zwangsläuf­ig aus Fehlern besteht. „Das ist so, das wird Thiem nicht ändern. Ist er am Ende der Saison in den Top Ten, war es ein gutes Jahr.“Wirtschaft- lich hat er ausgesorgt, sechs Millionen Dollar Preisgeld verdient. Bresnik: „In dieser Kategorie geht es um das Gefühl des Siegens. Die Emotion schlägt den Scheck.“

Den Daviscup in Weißrussla­nd hat Thiem ausgelasse­n. Im September gegen Rumänien ist er wohl dabei. Bresnik sagt: „Ein Tennisprof­i ist Einzelunte­rnehmer, muss auf sich schauen.“Das nächste Service kommt bestimmt. „Hoffentlic­h nach vielen Erfolgen und Kilometern.“

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Foto: AP / Felipe Dana Der Niederöste­rreicher Thiem ist fit für den europäisch­en Sand.
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Foto: APA/Pfarrhofer Günter Bresnik schließt bei Thiem gar nichts aus.

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