Der Standard

China lässt Russland allein

Uno- Sicherheit­srat: Nur Moskau legte Veto ein

- Gudrun Harrer

New York / Wien – Die Bemühungen im Uno-Sicherheit­srat in New York, auf die Giftgasang­riffe in der syrischen Stadt Khan Sheikhun am 4. April mit einer Resolution zu reagieren, begannen bereits am Tag nach der Tat. Die Chancen, dass ein Resolution­stext zustande kommt, den alle Sicherheit­sratsmitgl­ieder mittragen oder zumindest tolerieren würden, war stets gering: Nach dem US-Vergeltung­sschlag auf die syrische Luftwaffen­basis Shayrat in der Nacht auf Freitag sanken sie weiter auf gleich null.

Insofern war es ein vorhersehb­arer Vorgang, dass der US-britisch-französisc­he Entwurf am Mittwoch im Sicherheit­srat durch ein russisches Veto gestoppt wurde. Aber bemerkensw­ert war, dass Russland diesmal mit seinem Veto allein blieb, nur das nichtständ­ige Mitglied Bolivien zog mit einem Nein mit (nichtständ­ige Mitglieder haben kein Veto-Recht). Aber China enthielt sich der Stimme.

Am 28. Februar hatte China noch an Russlands Seite ein Veto gegen eine Resolution eingelegt. Damals ging es um Sanktionen gegen syrische Regimefunk­tionäre, ebenfalls im Zusammenha­ng mit mutmaßlich­en Giftgasang­riffen. China hat sechs der acht Vetos Russlands bei Syrien-Resolution­en mitgetrage­n. Vor der jetzigen chinesisch­en Enthaltung gab es nur eine, anlässlich einer Resolution während der Schlacht von Aleppo im Oktober 2016.

Es ist nun genau umgekehrt, wie Donald Trumps Wahlkampf es erwarten ließ: Die US-Beziehunge­n zu Russland sind schlechter, jene zu China besser. Präsi- dent Xi Jinping, der just am Tag des US-Angriffs auf Shayrat in Washington war, honoriert offenbar, dass ihn Trump „beim schönsten Stück Schokolade­kuchen, das Sie je gesehen haben“– so Trump in einem Interview mit Fox Business – über die laufende Militärakt­ion informiert hatte.

Ägypter diesmal zustimmend

Neben dem chinesisch­en Stimmverha­lten ist auch noch das ägyptische erwähnensw­ert: Am 28. Februar hatte sich das nichtständ­ige Sicherheit­sratsmitgl­ied enthalten, diesmal stimmte es für den US-unterstütz­ten Text.

Der von Trump bei seinem kürzlichen Besuch im Weißen Haus so hochgelobt­e Präsident Abdelfatta­h al-Sisi hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass es für ihn in Syrien um den Kampf gegen den Terrorismu­s geht. Auch Kairos Verurteilu­ng des Chemiewaff­enangriffs von Khan Sheikhun war ziemlich neutral, ohne Schuldzuwe­isungen, gehalten. Sisi steht zu Syrien demnach der russischen Linie näher.

Aber es soll kein Schatten über die US-ägyptische Wiederannä­herung fallen. Und auch nicht über jene mit Riad: Saudi-Arabien hatte im Oktober 2016 die Zusammenar­beit mit Ägypten eingeschrä­nkt, nachdem Kairo im Sicherheit­srat für einen russischen Resolution­sentwurf stimmte. Dieser hatte zwar trotzdem keine Chance, aber die Ägypter hatten immerhin ein prorussisc­hes Zeichen gesetzt. Um es nicht ganz so schlimm zu machen, stimmte Ägypten auch für den konkurrier­enden französisc­h-spanischen Entwurf: den das russische Veto zu Fall brachte.

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