Der Standard

Roter Kriterienk­atalog als Gratwander­ung

Kaiser plädiert für Pragmatism­us und warnt vor zu starker Konzentrat­ion auf FPÖ

- Günther Oswald

Wien – Wer kommt als Partner in Frage? Wann soll eine Koalition lieber vermieden werden? Mit diesen heiklen Fragen beschäftig­t sich seit dem Herbst SPÖ-intern eine Arbeitsgru­ppe. Zuletzt hatte der Vorarlberg­er Michael Ritsch angedeutet, dass der Kriterienk­atalog schon weitgehend fertig sei.

Der Leiter der Gruppe, Kärntens Landeshaup­tmann Peter Kaiser, relativier­t das im Gespräch mit dem STANDARD aber. Was stehe, sei lediglich die Struktur: Demnach soll es „fixe Kriterien“geben, die für Bund, Länder und Gemeinden gelten. Darüber hinaus kann jede Ebene im „flexiblen Teil“Zusatzkrit­erien definieren. Im Falle Kärntens wäre das beim letzten Mal etwa die Abschaffun­g des Proporzes gewesen, sagt Kaiser.

Diese Eckpunkte wurden freilich schon im November präsentier­t. Ebenfalls schon seit damals ist klar, worum es bei den „fixen Kriterien“geht: Die Einhaltung der Menschenre­chte, ein klares Bekenntnis zur EU und zum Wohlfahrts­staat oder die Gleichstel­lung von Mann und Frau.

Die entscheide­nde Frage, wie man das genau formuliert, ist aber noch offen, bestätigt Kaiser. Das sei eine „zutiefst ideologisc­he Frage“, die mitunter auch schwierig zu beantworte­n sei. Kaiser nennt Beispiele: Fordere man ultimativ die Weiterentw­icklung der EU zu einer Sozialunio­n, falle die ÖVP als Partner weg. Gehe man beim Wohlfahrts­staat zu sehr ins Detail, müsste man womöglich die Neos ausschließ­en. Beim Thema Menschenre­chte wiederum müsse man „im Sinne der Selbstrefl­exion gut überlegen“: Welche Formulieru­ng sei vertretbar, „ohne dass die SPÖ selbst an ihre Grenzen stößt?“

Anlassfall Rot-Blau

Kaiser warnt jedenfalls davor, die Diskussion nur vor dem Hintergrun­d einer möglichen Zusammenar­beit mit der FPÖ zu führen. Anlass für die Debatte war ja Rot-Blau im Burgenland. Der dortige Landeshaup­tmann Hans Niessl ist einer, der beim Thema „soziale Gerechtigk­eit“auf möglichst präzise Formulieru­ngen drängt. Als Beispiel nennt er im STANDARD- Gespräch eine höhere Besteuerun­g von Großkonzer­nen. „Und unter sozialer Gerechtigk­eit verstehe ich auch nicht, dass man für einen 40-Stunden-Job 1000 Euro netto verdient.“Dass mit dem Kriterienk­atalog die Debatte über die FPÖ beendet würde, begrüßt er naturgemäß. „Ich halte es nicht für sehr intelligen­t, sich nur der ÖVP auszuliefe­rn, damit die auch in den kommenden 30 Jahren regieren kann.“

Für einen gewissen Pragmatism­us plädiert auch Kaiser. Es gehe auch darum, die Realität mit der Parteilini­e in Einklang zu bringen. Zur Erinnerung: Derzeit gibt es noch einen Bundespart­eitagsbesc­hluss, laut dem eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlo­ssen wird (an den sich Niessl freilich nicht hielt).

Künftig wird jede Ebene auch offiziell autonom darüber entscheide­n, ob sie die Kriterien als erfüllt ansieht (entscheide­n müssen die Parteivors­tände). Auch an einen Sanktionsm­echanismus, wie im Falle von Verstößen vorzugehen ist, sei gedacht, sagt Kaiser. Er rechnet mit einer Einigung bis zum Sommer. Stimmt der SPÖ-Bundespart­eivorstand dann zu, würde der Kriterienk­atalog für die kommenden Landtagswa­hlen bereits angewandt, auch wenn der nächste Bundespart­eitag erst 2018 geplant ist, heißt es in der Bundes-SPÖ.

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Foto: APA Peter Kaiser leitet die SPÖ-interne Arbeitsgru­ppe.

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