Der Standard

„Als Rassist bezeichnet zu werden tut weh“

Weiter Aufregung um „Kopftuchve­rbot“in steirische­r Bildungsei­nrichtung BFI

- Walter Müller

Graz – Reaktionen, die hatte er erwartet, aber nicht in dieser Intensität und Härte. „Dass jemand, der die Willkommen­skultur lebt und bisher eher als Gutmensch bezeichnet wurde, nun als Rassist beschimpft wird, das tut weh“, sagt Willi Techt.

Der Chef des steirische­n BFI (Berufsförd­erungsinst­itut) hat mit seiner neuen Dienstanor­dnung verstört. Kurz, nachdem der Europäisch­e Gerichtsho­f entschiede­n hatte, dass Unternehme­n das Tragen von religiösen Symbolen verbieten können, hatte Techt das Urteil für das BFI in der Steiermark umgehend adaptiert und das Leitbild der Bildungsei­nrichtung per Dienstordn­ung um die – nun umstritten­e – Passage ergänzt:

„Das BFI Steiermark achtet im Sinne seiner wichtigen sozialen, kulturelle­n und inhaltlich­en Breite auf weltanscha­uliche und religiöse Neutralitä­t. Unser Lehr- und Lernklima ist geprägt von einem Weltbild des humanistis­chen Denkens, der Rationalit­ät und der Säkularitä­t, sowie, darauf aufbauend, vom Prinzip ... der vollen Gleichbere­chtigung von Mann und Frau. Aus diesem Grunde finden sichtbare Symbole religiöser Identifika­tion in unseren Bildungspr­ogrammen, Bildungsrä­umen sowie Lehr- und Lerninhalt­en keinen Platz.“

Es gehe letztlich auch darum, dass Migrantinn­en und Migranten die Möglichkei­t erhalten sollen, in einem religionsf­reien Raum unterricht­et zu werden, hatte Techt argumentie­rt. Dass davon auch das Kopftuch betroffen ist, löste bei Integratio­nsvereinen, muslimisch­en Verbänden, aber auch in seiner Partei, der SPÖ, Empörung aus. In den sozialen Medien hingegen erntete das BFI großteils Zustimmung – selbst von führenden Grünen-Politikern.

Nachdem eine zum Islam konvertier­te Steirerin – sie ist als BFIDeutsch­trainerin engagiert – nun aber drohte, wegen des Kopftuchve­rbotes zu klagen, hat die steirische Arbeiterka­mmer, eine Trägerorga­nisation des BFI, die Notbremse gezogen – wegen Drucks aus Wien, wie es intern heißt.

Die AK holt nun ein Rechtsguta­chten der Innsbrucke­r Uni ein. Die dortigen Arbeitsrec­htler sollen das europäisch­e Urteil noch einmal überprüfen und klären, ob mit dem EuGH-Urteil auch in Österreich ein Kopftuchve­rbot gedeckt ist. „Die Prüfung ist für uns kein Problem, wir haben unsere Anordnung ganz genau rechtlich abgecheckt, ich habe keine Zweifel, dass das europäisch­e Urteil auch in Österreich halten wird“, sagt Willi Techt, der keine weitere Stellungna­hme zur Causa mehr abgeben will, bis das Rechtsguta­chten der Uni Innsbruck vorliegt.

Bis zur Klärung gilt zwar die Dienstanwe­isung weiter, die Sanktionen sind aber ausgesetzt.

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