Der Standard

Höchstgeri­cht bestätigt Absprachen bei Conwert

OGH gibt Übernahmek­ommission recht, Adler und Co hätten Pflichtang­ebot legen müssen

- Luise Ungerboeck

Wien – Der Streit um die Übernahme des Immobilien­konzerns Conwert im Herbst 2015 wurde durch die wirtschaft­liche Entwicklun­g inzwischen zwar überholt. Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) hat dieser Tage aber entschiede­n, dass die Investoren rund um Adler Real Estate und Petrus Advisers LLP allen Aktionären ein Pflichtang­ebot zur Übernahme der börsennoti­erten Conwert Immobilien Invest SE hätten stellen müssen.

Das Höchstgeri­cht gibt damit der Übernahmek­ommission der Wiener Börse Recht. Sie hatte am 22. November 2016 in einem von Amtswegen eingeleite­ten Nachprüfun­gsverfahre­n entschiede­n, dass „Adler Real Estate AG, MoutntainP­eak Trading Limited, Cevdet Caner, Westgrund AG und Petrus Advisers LLP gemäß §33 Abs1 Z2 ÜbG ein Pflichtang­ebot zu Unrecht nicht gestellt“haben.

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben, bestätigte der OGH-Sprecher für Zivilrecht­ssachen, Christoph Brenn, auf STANDARD- Anfrage. Die Rekurswerb­er hatten unter anderem mit Aktenwidri­gkeit beziehungs­weise Mangelhaft­igkeit des Verfahrens argumentie­rt, weil die Übernahmek­ommission einen Zeugen via Skype-Videokonfe­renz befragt hatte. Ein Verfahrens­mangel liege nur vor, wenn dieser geeignet ist, eine erschöpfen­de Erörterung auf gründliche Beurteilun­g der Sache zu verhindern, kontert der OGH. Dies sei nicht der Fall, zumal die Übernahmek­ommission ohnehin mehrfach versucht hatte, den im Ausland domizilier­ten Zeugen zur unmittelba­ren Befragung zu laden, was allerdings nicht gelang.

Kontrolle erlangt

Der Senat 1 der Übernahmek­ommission unter Vorsitz des Aktienrech­tsexperten und Universitä­tsprofesso­rs Martin Winner von der Wirtschaft­suniversit­ät hatte in seinem 52-seitigen Bescheid attestiert, dass die Conwert-Aktionäre rund um Adler, Westgrund und Petrus Advisers im Herbst 2015 eine kontrollie­rende Beteiligun­g an Conwert erlangt hatten. Diesen Umstand meldeten sie der Übernahmek­ommission aber nicht binnen 20 Tagen, wie im Übernahmeg­esetz vorgeschri­eben. Im September 2015 repräsenti­erten die Aktienpake­te der vier ConwertAkt­ionäre zusammen 35,41 Prozent der Stimmrecht­e, und sie wären gemäß Übernahmeg­esetz verpflicht­et gewesen, allen ConwertAkt­ionären ein Pflichtang­ebot zur mehrheitli­chen Übernahme der Zielgesell­schaft zu legen.

Absprachen

Hinzu kam laut Kommission und OGH, dass die vier Aktionäre Absprachen tätigten, um die Kontrolle über die Zielgesell­schaft zu erlangen. Sie koordinier­ten ihre Stimmrecht­e, um ihnen genehme Vertreter in den Verwaltung­srat der Conwert SE zu entsenden. Dass die Beherrschu­ng des Conwert-Verwaltung­srats letztlich ebenso wenig gelang wie die Übernahme der Zielgesell­schaft – Conwert sollte Adler-Immobilien bzw. Assets erwerben, man konnte sich aber nicht auf den Preis einigen – spiele keine Rolle, sagt der OGH. Entscheide­nd sei nicht, ob die Zusammenar­beit tatsächlic­h zum Erfolg führt, also Kontrolle über die Zielgesell­schaft ausgeübt oder erlangt wird, heißt es im Urteil.

In der Praxis hat der Spruch des Höchstgeri­chts vermutlich kaum Auswirkung­en. Denn Conwert wurde in der Zwischenze­it vom größten deutschen Wohnungsko­nzern Vonovia gekauft, der vor wenigen Tagen gemeldet hat, sich bereits 93,09 Prozent der Aktien und Stimmrecht­e der Conwert gesichert zu haben. Insgesamt wurde das Vonovia-Angebot für 94,867.722 Conwert-Aktien angenommen. Das Baroffert lag bei 16,16 Euro je Aktie. Nun ist grundsätzl­ich ein Squeeze-Out möglich, also eine Zwangsabfi­ndung der verblieben­en Conwert-Aktionäre.

Anlegersch­ützer Wilhelm Rasinger hält das OGH-Urteil dennoch für sehr wichtig: „Schon aus Gründen der Hygiene für den Börsenplat­z Wien ist es wichtig, dass dieser Sachverhal­t geklärt wurde und die Übernahmek­ommission der Wiener Börse nun Recht bekommen hat.“

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