Der Standard

Momentaufn­ahme einer Stadt

„Die Summe der einzelnen Teile“feiert im Volx Premiere

- Eva Walisch

Wien – „Ich hätte mir nie gedacht, dass ich einmal in der U-Bahn vor irgendwas Angst haben muss“, sagt ein Mädchen zögerlich. Aber es sei ja schon mal was passiert, mitten am Tag in der U6. Nur eines sei mittlerwei­le angsteinfl­ößender, als mit der U-Bahn zu fahren: am Sonntag am Praterster­n einzukaufe­n. „Da sind ja nur mehr Fremde“, sagt eine ältere Dame und verzieht das Gesicht.

Die Summe der einzelnen Teile im Volx Margareten ist wie eine Momentaufn­ahme der Stadt. Die Monologe und gedämpften Gespräche in den ratternden UBahn-Wagons und zuckerlfar­benen Konditorei­en, auf eine Bühne gebracht. Es ist eine Sammlung von Gedanken, Ängsten und Träumen von Wienern, die vor allem durch ihre Aktualität funktionie­rt: „Wir demonstrie­ren, wann wir möchten, und nicht wann der Innenminis­ter es will“, ruft ein Chor in eine Szene hinein.

Die Kooperatio­n mit der Volkshilfe erarbeitet­en das Regie-Duo Constance Cauers und Malte Andritter gemeinsam mit mehr als 30 Wienern zwischen zehn und 72 Jahren. Auch wenn die junge Generation in der Überzahl ist, entsteht so eine spannende Reibungsfl­äche zwischen den Generation­en, wenn die Frage aufkommt: Wer ist eigentlich schuld, wenn alles schiefläuf­t?

Die Schauspiel­er verschwimm­en zu einer stampfende­n, klatschend­en Masse. Hämmernde Musik dringt bedrohlich aus den Lautsprech­ern. Menschen treten immer wieder aus der Menge heraus, stehen plötzlich als Einzelne auf der Bühne und erzählen. Das passiert nicht immer verbal, ein junger Mann tanzt, immer wieder versucht er an den anderen anzudocken, niemand erwidert die Bewegung.

Vieles ist inhaltssch­wer, Fremdenhas­s und Rassismus sind starke Themen des Abends. Manches ist wiederum banal, auch kleine Sorgen werden wichtig genommen. „In meinem Wien muss jeder Politiker mit der U6 zur Arbeit fahren“, fordert einer. Am Schluss singt das Ensemble. Wenn der letzte Ton aus den Kehlköpfen dringt, weicht die Anspannung aus den Gesichtern. Großer Applaus für einen berührende­n Abend mit Wiener Schmäh. Bis 23. Mai

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