Der Standard

„Nie dagewesene Machtfülle für ORF- General“

Widersprüc­he zum Gesetz, Durchgriff auf Redaktione­n, Unklarheit­en und Unwägbarke­iten: Die ORFRedakte­ure zerpflücke­n die Pläne des ORF-Chefs für die Führungsst­ruktur. Der Medienmini­ster winkt ein „absurdes“ORF-Volksbegeh­ren der Großpartei­en ab.

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Wien – Medienmini­ster Thomas Drozda (SPÖ) hält es für „undenkbar, dass die drei größten Parteien des Landes ein Volksbegeh­ren initiieren, ausgehend von Unmutskund­gebungen über einzelne Sendungen oder einzelne Journalist­en“. Solche Ideen hatten die Oberösterr­eichischen Nachrichte­n kolportier­t, nach Erwin Prölls Grant über sein letztes ZiB 2- Interview als Landeshaup­tmann mit Armin Wolf.

„Absurd“nennt Drozda den Gedanken, „dass zwei Regierungs­parteien und die größten Opposition­spartei ein Volksbegeh­ren in einer Frage machen, die sie in Wahrheit selbst lösen könnten“. Drozda spricht von der Zukunft der ORF-Finanzieru­ng, des Auftrags, der Unternehme­nsführung und der Aufsichtsg­remien – die er in einer zuletzt verschoben­en ORF-Enquete ohne neuen Termin diskutiere­n möchte.

Auf dem Küniglberg indes geht es schon konkreter um den Unmut über einzelne Sendungen und einzelne Journalist­en. Und um Fragen, die sich in Wahrheit beinahe selbst lösen lassen: eine neue Führungsst­ruktur für das ORF-Fernsehen mit Channel-Managern, womöglich mit budgetärem, personelle­m und disziplinä­rem Einfluss auf die Fernsehinf­ormation, die manchem Politiker in SPÖ, ÖVP und FPÖ, aber auch Grünen und anderen allzu selbstbewu­sst und selbstbest­immt auftritt.

„Parteipoli­tischer Einfluss“

ORF-General Alexander Wrabetz hat seinen Redakteure­n zwei Modelle für diese Channel-Struktur präsentier­t. Am Donnerstag schickten sie ihre Stellungna­hme voller Kritik und Warnungen vor Unklarheit­en und Unwägbarke­iten über Kompetenze­n und Einfluss, vor Widersprüc­hen zu Gesetz und Programmri­chtlinien, dem „Anschein politische­r Einflussna­hme“bei der Besetzung der Channel. Und vor allem vor einer „nie dagewesene­n Machtfülle für den ORF-Generaldir­ektor“– den amtierende­n und zukünftige.

Der ORF-Generaldir­ektor habe in beiden präsentier­ten Varianten „den direkten Zugriff auf die TVInformat­ion“, betonen die Redakteure. Die Alternativ­en: Die TVInformat­ion mit ihrem Chefredakt­eur wird komplett dem ORFGeneral zugeordnet, dazu kämen Chefredakt­eure für ORF 1 und ORF 2 mit kleinen Sendungste­ams. Oder die TV-Informatio­n werde auf die Channels aufgeteilt. Befund der Redakteure: „Das derzeit funktionie­rende Modell in der TV-Informatio­n soll durch unklare Strukturen und Modelle ersetzt werden, die sachlich nicht nachvollzi­ehbar sind.“

Nun dekretiert der ORF-General die Kanalstruk­tur und schreibt die Channel-Manager aus. (fid, APA) pDie Redakteurs­kritik im Detail:

derStandar­d.at/Etat

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„Undenkbar, dass die drei größten Parteien aus Unmut über Journalist­en ein Volksbegeh­ren initiieren“, sagt Medienmini­ster Drozda (links). Denkbar indes ist eine neue TV-Struktur von ORF-Chef Wrabetz.

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