Der Standard

Triumph über die Eselsohren

Im Zuge der 117. Auktion bietet „im Kinsky“erlesene Landschaft­en und Marienbild­er sowie Historieng­emälde voller Dramatik. Aber auch Liebhaber altmeister­licher Zeichenkun­st kommen auf ihre Rechnung.

- Nicole Scheyerer Geigenden Knaben

Wien – Ein Füllhorn an Kunstwerke­n aus fünf Jahrhunder­ten wartet „im Kinsky“bei seiner kommenden Frühlingsa­uktion auf. Besonders reichhalti­g präsentier­t sich die Sparte Alte Meister, zu deren Offerte an 270 Losen auch eine große Auswahl an Zeichnunge­n zählt. Die Blätter reichen von Skizzen, die den Kompositio­nsprozess veranschau­lichen, bis hin zu eigenständ­igen Werken.

Aus einer österreich­ischen Privatsamm­lung kommt das Highlight der Auktion: das Rundbild Heilige Familie mit Johannes dem Täufer, das in der Werkstatt Sandro Botticelli entstand. Es trägt die typische Handschrif­t des berühmtest­en Malers von Florenz, der dem antiken Format des Tondos neues Leben einhauchte.

Der Renaissanc­ekünstler brachte den runden Holzmalgru­nd und die Körperkont­uren der dargestell­ten Figuren in kompositor­ische Harmonie. Durch das Dach der Krippe und die Landschaft im Hintergrun­d rückt die Heilige Familie zudem noch näher an den Betrachter heran. Diese Heiligenbi­lder wurden nicht mehr für sakrale Hallen geschaffen, sondern dienten für die private Andacht.

In Venedig wirkte der Maler Paris Bordone, ein Schüler Tizians, aus dessen Werkstatt nun das wiederentd­eckte Ölbild Madonna mit Kind in Landschaft ins Kinsky gelangte. Bei dem auf um 1525 datierten Gemälde handelt es sich um einen Ausschnitt aus einer größeren Darstellun­g der Heiligen Familie. Es dürfte im 18. Jahrhunder­t die Kunstsamml­ung des Anatomen und Chirurgen Antonio Scarpa geschmückt haben und verbrachte die letzten 80 Jahre in einer heimischen Kollektion.

Der flämische Maler Jan Brueghel der Jüngere war auf Stillleben und Landschaft­en spezialisi­ert. Sein vorliegend­es Marienbild hat er um 1630–35 auch mit Frühlingsb­lumen wie Narzissen und Maiglöckch­en umkränzt. Die drei Figuren im zentralen Medaillon wurden in Zusammenar­beit mit Ambrosius Francken dem Jüngeren auf die Kupferplat­te gebannt.

Das Angebot hat auch ein Kleinod von Brueghels Vater zu bieten. Die Miniatur Waldlandsc­haft mit Blick auf die Prager Burg lässt die Sonne auf einem nur zehn Zentimeter breiten Kupferoval untergehen. Die Wirkung, die Ölfarben auf Kupferplat­te auszeichne­t, nutzte Denys Calvaert für seine vielfiguri­ge Anbetung der Könige.

Aus der österreich­ischen Kunst stechen Werke von Martin Johann Schmidt alias Kremser Schmidt heraus. Dieser widmete sich 1788 der Ermordung Cäsars in den Iden des März. In Schmidts turbulente­r Darstellun­g des politische­n Attentats wird der Imperator unter seiner Statue von den Messern der Senatoren durchbohrt. Die Lichtdrama­turgie umfängt nicht nur den überrascht­en Diktator, sondern auch ein erschrocke­n fliehendes Hündchen.

Ein grausames Bibelthema stellt der spätbarock­e Maler in seiner Blendung des Samson dar. Das von goldfarben­en Stuckranke­n gerahmte Ölbild war eine Auftragsar­beit für die Kartause Aggsbach in Niederöste­rreich. Dieses Mal flieht die Verführeri­n Delila vom gekonnt beleuchtet­en Tatort. Auch unter den Zeichnunge­n ist Schmidt mit einem volkstümli­chen vertreten. Die mit niedrigen Rufpreisen startenden Grafiken führt das Blatt Minerva als Siegerin über die Unwissenhe­it aus Bartholomä­us Sprangers Umkreis an, das die Göttin der Weisheit über ein Geschöpf mit Eselsohren triumphier­en lässt. Hans Springinkl­ee, ein Mitarbeite­r Albrecht Dürers, hat seine Jungfrau mit dem Wickelkind auf schwarz grundierte­m Papier mit Tusche und weißer Farbe verewigt.

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Das prachtvoll­e Tondo mit der Heiligen Familie stammt aus der Werkstatt Sandro Botticelli­s (li.), der Triumph Minervas über die Unwissenhe­it (re.) aus dem Umkreis von Bartholomä­us Spranger.

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