Der Standard

Duell mit drei Kandidaten

Weil er keine weitere Amtszeit für den konservati­ven Regierungs­chef Mariano Rajoy unterstütz­en wollte, musste Pedro Sánchez seinen Vorsitz bei Spaniens Sozialiste­n zurücklege­n. Nun versucht Sanchez ein Comeback und will gegen Rivalin Susana Díaz antreten.

- Reiner Wandler aus Madrid

Mit der Registrier­ung der Kandidaten gestern, Montag, und heute, Dienstag, hat der Urwahlproz­ess für das Amt des Generalsek­retärs der spanischen Sozialdemo­kraten (PSOE) – und damit eine Weichenste­llung – begonnen.

Drei Politiker bewerben sich um den seit Oktober 2016 vakanten Posten: Pedro Sánchez, der den Vorsitz zurücklegt­e, als der erweiterte Parteivors­tand beschlosse­n hatte, per Stimmentha­ltung im Parlament eine weitere Amtszeit für den konservati­ven Premier Mariano Rajoy zu ermögliche­n, steht der andalusisc­hen PSOE- Chefin Susana Díaz gegenüber. Sie zog damals die Fäden gegen Sánchez. Dritter im Bund ist der ehemalige baskische Regierungs­chef Patxi López, dem aber kaum eine Chance eingeräumt wird.

178.000 Sozialiste­n werden am 21. Mai an die Urnen gerufen. Der Sieger oder die Siegerin wird dann auf dem Parteikong­ress Mitte Juni das Amt übernehmen.

Der 44-jährige Sánchez gibt sich als Kandidat der enttäuscht­en Basis und verspricht eine Partei, die sich klar von Rajoys Partido Popular (PP) abgrenzt. Bei ihm ist viel von „Rückgewinn­ung der linken Identität“die Rede. Der Professor an der neoliberal­en Wirtschaft­s- fakultät einer Privatuniv­ersität in Madrid sieht sich als kämpferisc­her Linker. Er kopiert dabei gern Inhalte und Stil der Protestpar­tei Podemos.

Allerdings war er nicht willens, eine alternativ­e Mehrheit zusammen mit der linken Podemos und verschiede­nen Regionalpa­rteien aufzubauen. Auch jetzt hält er sich bedeckt, wenn man ihn fragt, wie die Sozialiste­n ohne Podemos und andere zurück an die Macht kommen sollen.

Massiver Wählerschw­und

Denn der PSOE hat ein Problem, das eng mit Sánchez verbunden ist: Die letzten siegreiche­n Wahlen liegen neun Jahre zurück. 2008 holte der spätere Premier José Luis Rodríguez Zapatero elf Millionen Stimmen – Sánchez danach nur noch etwas mehr als fünf Millionen.

Die andalusisc­he Partei- und Regierungs­chefin Susana Díaz hält Sánchez diesen Stimmenver- lust vor. Dass dafür letztendli­ch Zapatero verantwort­lich ist, unter dessen Regie die Sparpoliti­k 2011 in Spanien begonnen hatte, darüber verliert sie kein Wort. Stattdesse­n verspricht sie „einen PSOE wie früher“. Ihr Motto: „100 Prozent Sozialiste­n“. Sie genießt die Unterstütz­ung eines großen Teils der Regionalfü­rsten, des Parteiappa­rats und der Altvordern der Sozialiste­n, darunter die beiden ehemaligen Ministerpr­äsidenten Felipe González und Zapatero.

Podemos ist für Díaz der Feind, den es zu bekämpfen gilt. Unter ihr soll der PSOE wieder stärkste Partei werden. Die Umfragen sprechen jedoch eine andere Sprache: Díaz ist weit weniger beliebt als Sánchez. Nur die Anhänger der Konservati­ven würden Díaz gern als künftige Kandidatin um das Amt der Ministerpr­äsidentin sehen – wohl genau wegen ihrer Unbeliebth­eit innerhalb der Linken.

Der dritte im Bund tritt – so ver- mutet man – bloß an, um Sánchez zu schwächen. López, der ehemalige baskische Ministerpr­äsident und Parlaments­präsident, gehörte zu Sanchez’ engen Vertrauten, bis dieser zum Rücktritt gezwungen wurde. Jetzt steht er für die, die zähneknirs­chend der Duldung der Konservati­ven zustimmten und Sánchez zuletzt den Rücken gekehrt haben. López liegt bei allen Umfragen weit abgeschlag­en auf Platz drei. Doch könnten seine Stimmen letztendli­ch die sein, die Sánchez fehlen.

Für Sánchez ist es die zweite Urwahl: 2014 setzte er sich überrasche­nd gegen zwei Mitstreite­r durch. Damals genoss er Díaz’ Unterstütz­ung. Diese wollte einen schwachen Parteichef, um aus dem Hintergrun­d die Politik des PSOE bestimmen zu können. Doch Sánchez machte sich selbststän­dig, suchte die Machtprobe – und verlor. Jetzt hofft er auf Revanche. Die Basis hat das Wort.

Newspapers in German

Newspapers from Austria