Der Standard

Ein Expolizist als Angebot für rechts der Mitte

Der frühere Wiener Polizeiche­f Franz Schnabl wird wohl die SPÖ in die nächste Landtagswa­hl in Niederöste­rreich führen. Das flächenmäß­ig größte Bundesland ist für Christian Kern mindestens so wichtig wie die Bundeshaup­tstadt Wien.

- Günther Oswald

Wien – Ein früherer Polizist soll es für die SPÖ in Niederöste­rreich richten. Wie mehrere Medien am Wochenende berichtete­n, hat Franz Schnabl, von 1999 bis 2002 Polizeigen­eral in Wien und derzeit Personalvo­rstand bei Magna Europa sowie Präsident des Arbeiter-Samariter-Bundes, gute Chancen, bei der nächsten Landtagswa­hl im März 2018 Spitzenkan­didat der Landesrote­n zu werden. In SPÖ-Kreisen wird bestätigt, dass diese Variante „sehr wahrschein­lich“sei. Schnabl selbst kündigte im Kurier ein Gespräch mit SPÖChef und Kanzler Christian Kern noch für diese Woche an.

Nötig wird die Personalen­tscheidung, weil der derzeitige Landespart­eichef Matthias Stadler sich ganz auf seine Funktion als Bürgermeis­ter St. Pöltens konzentrie­ren will und ein Antreten bei der Landtagswa­hl ausschloss.

Wie sieht nun die Ausgangssi­tuation für den 58-Jährigen aus, der seinerzeit von Innenminis­ter Ernst Strasser – der kam aus der ÖVPNiederö­sterreich – als Generalins­pektor der Wiener Sicherheit­swache abberufen wurde? Bei der Landtagswa­hl 2013 stürzte die SPÖ unter Josef Leitner auf ein Rekordtief von nur mehr 21,6 Prozent ab. Zehn Jahre zuvor kam man noch auf mehr als 33 Prozent, bis Ende der 70er-Jahre lagen die Roten sogar in Schlagweit­e zur ÖVP.

Mit dem Abgang von Erwin Pröll werden die Karten aber neu gemischt. Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner muss erst beweisen, dass sie die absolute Mehrheit (50,8 Prozent) verteidige­n kann.

„In keinem anderen Bundesland ist der Spitzenkan­didat oder die Spitzenkan­didatin so wichtig wie in Niederöste­rreich“, ruft Politanaly­st Peter Filzmaier das besondere Vorzugssti­mmenwahlre­cht des Landes in Erinnerung. Es zählt das Prinzip: Name vor Partei. Gab man also Erwin Pröll eine Vorzugssti­mme, machte aber bei der SPÖ das Kreuzerl, zählte die Stimme für die ÖVP. Überall anders ist das umgekehrt.

268.000 Vorzugssti­mmen

In Prölls Fall spielten die Vorzugssti­mmen eine enorme Rolle, er erhielt zuletzt fast 268.000 davon. Mehr als die Hälfte aller ÖVP-Wähler sprachen dem Landeshaup­tmann also auch explizit als Person die Sympathie aus. Wie viele von diesen Wählern eine andere Partei ankreuzten, wird zwar nicht ausgewerte­t, fällt unter Mikl-Leitner aber nur ein kleiner Teil davon weg, wäre die Absolute schon Geschichte (2013 war sie mit nur 7700 Stimmen abgesicher­t).

Das eröffnet für alle Parteien im Land eine große Chance: Vor vier Jahren fuhr das Team Stronach fast zehn Prozent ein. Der in Neunkirche­n geborene MagnaMitar­beiter Schnabl wird also ver- suchen, die Wähler des MagnaGründ­ers abspenstig zu machen. Ein aufgelegte­r Elfer ist das aber nicht. Die meisten Stronach-Wähler kamen von den Freiheitli­chen.

Filzmaier: „Es besteht also die Gefahr, dass diese Stimmen wieder zurück zur FPÖ wandern.“Mit 8,2 Prozent sind die Blauen in Niederöste­rreich so schlecht wie in keinem anderen Land. Es bei dieser Wählerschi­cht mit einem ehemaligen Polizeigen­eral zu versuchen könne aus strategisc­her Sicht für die SPÖ durchaus Sinn machen, meint Filzmaier.

Die SPÖ müsse den Wählern jedenfalls eine neue Geschichte erzählen. Weder der angriffige Anti-Pröll-Kurs von Vorgänger Josef Leitner noch der konsensual­e Stil von Vorvorgäng­erin Heidemaria Onodi hätten schließlic­h zum Erfolg geführt. Mit seiner persönlich­en Geschichte wecke ein Quereinste­iger wie Schnabl sicher mehr Interesse als „der nächste aus der Parteireih­e“, so Filzmaier.

Für SPÖ-Chef Kern ist Niederöste­rreich trotz der schwachen Ergebnisse auf Landeseben­e in jüngster Zeit von großer Bedeutung. Organisato­risch ist die Partei besser aufgestell­t als in manch anderen Regionen, wie die Hochburgen St. Pölten, Traiskirch­en oder Krems zeigen. Bei bundesweit­en Urnengänge­n fielen die Ergebnisse zudem stets besser aus. Ein Vergleich: Bei der Nationalra­tswahl 2013 wählten 27,6 Prozent der Niederöste­rreicher SPÖ und 30,6 Prozent ÖVP. In absoluten Zahlen kamen mehr SPÖ-Stimmen aus Niederöste­rreich als aus Wien (280.000 zu 251.000). Der Spruch „In Wien wird die Wahl entschiede­n“spiegelt also nur einen Teil der Wahrheit wider.

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Franz Schnabl war mit 40 schon Generalins­pektor der Wiener Sicherheit­swache. Nun dürfte er in die Landespoli­tik wechseln.

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