Der Standard

Milchmädch­en aus Paris

- Andreas Schnauder

Über das Wirtschaft­sprogramm von Emmanuel Macron ist außer einer beachtlich­en Häufung an Allgemeinp­lätzen recht wenig bekannt. Das hindert aufgeschlo­ssene Franzosen und Europäer aber nicht, den Präsidents­chaftskand­idaten zu unterstütz­en. Programm hin oder her: Es geht ja darum, den aussichtsr­eichsten Kontrahent­en im Kampf um die rechte Marine Le Pen zu stärken. Das mag ein hehres Motiv sein, doch reicht das schon, um sich für das höchste Amt im Land zu qualifizie­ren?

Jüngste Aussagen Macrons lassen das bezweifeln. In Interviews kanzelte er Deutschlan­d für dessen hohe Exportüber­schüsse ab. Derartige Ansagen mögen im Mainstream liegen, sie werden deshalb aber nicht fundierter. Deutschlan­ds Betriebe sind in wachsenden Märkten mit guten Produkten bestens positionie­rt. Die Annahme, dass ein Abbau der deutschen Handelsübe­rschüsse Europa und insbesonde­re Frankreich nutzt, entspricht typischen planwirtsc­haftlich angehaucht­en Rechnungen in Paris, die selbst dem Milchmädch­en zu einfach wären. Dass Renault mehr Autos in China oder den USA absetzt, weil BMWAusfuhr­en in diese Märkte künstlich zurückgesc­hraubt werden, kann ja nicht wirklich jemand ernsthaft glauben.

Die auch vom Internatio­nalen Währungsfo­nds in Richtung Berlin ausgegeben­e Überschuss­reduktions­losung hat noch einen weiteren Schwachpun­kt: Es sind weder Lohnnoch Steuerdump­ing, somit wirtschaft­spolitisch­e Raffinesse­n, die Deutschlan­ds Produkten Erfolg verschaffe­n. Die Arbeitskos­ten des exportstar­ken produziere­nden Gewerbes liegen sogar über jenen Frankreich­s – Tendenz steigend. Macron sollte vor der eigenen Türe kehren, um die darbende Wettbewerb­sfähigkeit seines Heimatland­es zu stärken. Deutsche Betriebe wären allerdings eine gute Adresse, um Nachhilfe in puncto Qualität, Investitio­nen und Innovation zu nehmen.

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