Akustische Angriffe auf Handys im Ultraschallbereich
Mobiltelefone können mittels Ultraschalls das Verhalten ihrer Benutzer verfolgen – An der FH St. Pölten werden Abwehrmaßnahmen entwickelt
St. Pölten – Wenn Matthias Zeppelzauer von seinem Projekt erzählt, wirft man als Zuhörer einen Blick in die Zukunft. Denn der Senior Researcher der Forschungsgruppe Media Computing am Institut für Creative Media Technologies an der Fachhochschule St. Pölten erforscht Abwehrstrategien gegen „akustische Angreifer“, die aus einem Smartphone ein willfähriges Datenübertragungsgerät machen. „Die Ausgangssituation ist nicht gerade vertrauenserweckend“, sagt Zeppelzauer. „Heute gibt es Technologien, die Handys ohne unser Wissen dazu veranlassen, Daten zu übertragen.“
Nutzbar gemacht haben dafür Unternehmen wie etwa das in San Francisco ansässige Start-up Silverpush jenen Frequenzbereich von Mikrofonen von Smartphones, der für den Menschen unhörbar im Ultraschallbereich liegt. Während das menschliche Ohr Frequenzen bis circa 17.000 Hertz hören kann, sind Handymikrofone so empfindlich, dass sie Frequenzen bis zu einer Höhe von 22.000 Hertz detektieren können. „Dieses unhörbare Frequenzband kann theoretisch wie praktisch für Datenübertragungen genutzt werden.“
Der Vor- oder Nachteil, je nachdem, wie man es sieht: Die akus- tische Datenübertragung funktioniert nur auf kurze Distanzen und nur dann, wenn Geräte nicht durch eine Mauer getrennt sind.
Ein Anwendungsbeispiel dafür wäre das „Cross-Device-Tracking“: „Wird beispielsweise in einer Fernsehwerbung ein Signal in diesem Frequenzbereich ausgesendet, so wird dieses durch das Smartphone-Mikrofon registriert. Das Handy, das im selben Raum liegt, kann dadurch veranlasst werden, Daten zu versenden.“Zum Beispiel via Smart-TV und Internet zurück an den Werbetreibenden. „Damit kann dieser eindeutig zuordnen, wer die Werbung gesehen hat, und weiß zudem auch noch, dass dieses Handy und jener Fernsehapparat zusammengehören.“
Millionen Telefone infiziert
Cross-Device-Tracking zählt derzeit zu den großen Themen in der Werbeindustrie. „Firmen wollen wissen, auf welchen elektronischen Geräte ein Nutzer Anzeigen konsumiert und wie sie zusammengehören.“Legalerweise geschieht dies dadurch, dass sich Nutzer auf PC, Smartphone oder Tablet jeweils mit ihrem GoogleChrome- oder Facebook-Account anmelden. Durch das Audio-Tracking-Verfahren, das von Silverpush und Co angewandt wird, geschieht dieser „Lauschangriff“ aber häufig unbemerkt und kann bis jetzt nicht beeinflusst werden. Mittlerweile, so das Tech-Magazin Golem, soll eine Vielzahl an Apps diese Technologie schon verwenden und Millionen Smartphones damit infiziert sein.
„Offiziell“angewendet wird das akustische Tracking zum Beispiel von der App Shopkick. Dabei werden dem Nutzer, der die App auf sein Handy heruntergeladen hat, Bonuspunkte überwiesen, wenn er Geschäfte betritt, mit denen Shopkick zusammenarbei- tet. „Dazu werden im Geschäftseingang kleine Lautsprecher installiert, die ein Ultraschallsignal aussenden“, sagt Zeppelzauer. „Diese Information nimmt das Handy mit seinem Mikrofon auf und löst damit die Bonuspunktevergabe aus.“
Zeppelzauer will nun mit seinem Team eine App entwickeln, mit der jeder Nutzer erkennen kann, wann er von einem akustischen Tracker angepeilt wird oder nicht. „Wir verteufeln diese Technologie nicht an und für sich“, sagt Zeppelzauer. „Wir wollen den Nutzern nur die Möglichkeit bieten, sie zuerst überhaupt erkennbar zu machen, damit er dann selbst entscheiden kann, ob er das akustische Tracking zulassen will oder nicht.“Bisher, so der Forscher, gebe es noch keine Möglichkeiten, den „Lauschangriff“zu unterbinden. „Man müsste schon das Mikrofon sperren, aber dann könnte man mit dem Handy auch nicht mehr telefonieren.“
In dem Forschungsvorhaben, das von der netidee der IPA Austria gefördert wird und bei dem netidee Open Source Community Camp zum Siegerprojekt 2016 gekürt wurde, entwickelt Zeppelzauer nun eine Abwehr, die das akustische Tracking mit seinen eigenen Mitteln schlägt. Dabei werden Signalverarbeitungsmethoden genutzt, die akustische Cookies zum einen erkennen und zum anderen neutralisieren können. „Wir entwickeln eine App, die das Smartphone dazu animiert, ein Störsignal im Ultraschallbereich auszusenden.“
Sämtliche Forschungsergebnisse und die Applikation selbst werden nach Abschluss des Projekts – Laufzeit ist bis Dezember 2017 – öffentlich unter einer „CreativeCommons-Lizenz“zur Verfügung gestellt. So will Zeppelzauer die gemeinsame Weiterentwicklung der neuen Technologie fördern.