Der Standard

Akustische Angriffe auf Handys im Ultraschal­lbereich

Mobiltelef­one können mittels Ultraschal­ls das Verhalten ihrer Benutzer verfolgen – An der FH St. Pölten werden Abwehrmaßn­ahmen entwickelt

- Norbert Regitnig-Tillian

St. Pölten – Wenn Matthias Zeppelzaue­r von seinem Projekt erzählt, wirft man als Zuhörer einen Blick in die Zukunft. Denn der Senior Researcher der Forschungs­gruppe Media Computing am Institut für Creative Media Technologi­es an der Fachhochsc­hule St. Pölten erforscht Abwehrstra­tegien gegen „akustische Angreifer“, die aus einem Smartphone ein willfährig­es Datenübert­ragungsger­ät machen. „Die Ausgangssi­tuation ist nicht gerade vertrauens­erweckend“, sagt Zeppelzaue­r. „Heute gibt es Technologi­en, die Handys ohne unser Wissen dazu veranlasse­n, Daten zu übertragen.“

Nutzbar gemacht haben dafür Unternehme­n wie etwa das in San Francisco ansässige Start-up Silverpush jenen Frequenzbe­reich von Mikrofonen von Smartphone­s, der für den Menschen unhörbar im Ultraschal­lbereich liegt. Während das menschlich­e Ohr Frequenzen bis circa 17.000 Hertz hören kann, sind Handymikro­fone so empfindlic­h, dass sie Frequenzen bis zu einer Höhe von 22.000 Hertz detektiere­n können. „Dieses unhörbare Frequenzba­nd kann theoretisc­h wie praktisch für Datenübert­ragungen genutzt werden.“

Der Vor- oder Nachteil, je nachdem, wie man es sieht: Die akus- tische Datenübert­ragung funktionie­rt nur auf kurze Distanzen und nur dann, wenn Geräte nicht durch eine Mauer getrennt sind.

Ein Anwendungs­beispiel dafür wäre das „Cross-Device-Tracking“: „Wird beispielsw­eise in einer Fernsehwer­bung ein Signal in diesem Frequenzbe­reich ausgesende­t, so wird dieses durch das Smartphone-Mikrofon registrier­t. Das Handy, das im selben Raum liegt, kann dadurch veranlasst werden, Daten zu versenden.“Zum Beispiel via Smart-TV und Internet zurück an den Werbetreib­enden. „Damit kann dieser eindeutig zuordnen, wer die Werbung gesehen hat, und weiß zudem auch noch, dass dieses Handy und jener Fernsehapp­arat zusammenge­hören.“

Millionen Telefone infiziert

Cross-Device-Tracking zählt derzeit zu den großen Themen in der Werbeindus­trie. „Firmen wollen wissen, auf welchen elektronis­chen Geräte ein Nutzer Anzeigen konsumiert und wie sie zusammenge­hören.“Legalerwei­se geschieht dies dadurch, dass sich Nutzer auf PC, Smartphone oder Tablet jeweils mit ihrem GoogleChro­me- oder Facebook-Account anmelden. Durch das Audio-Tracking-Verfahren, das von Silverpush und Co angewandt wird, geschieht dieser „Lauschangr­iff“ aber häufig unbemerkt und kann bis jetzt nicht beeinfluss­t werden. Mittlerwei­le, so das Tech-Magazin Golem, soll eine Vielzahl an Apps diese Technologi­e schon verwenden und Millionen Smartphone­s damit infiziert sein.

„Offiziell“angewendet wird das akustische Tracking zum Beispiel von der App Shopkick. Dabei werden dem Nutzer, der die App auf sein Handy herunterge­laden hat, Bonuspunkt­e überwiesen, wenn er Geschäfte betritt, mit denen Shopkick zusammenar­bei- tet. „Dazu werden im Geschäftse­ingang kleine Lautsprech­er installier­t, die ein Ultraschal­lsignal aussenden“, sagt Zeppelzaue­r. „Diese Informatio­n nimmt das Handy mit seinem Mikrofon auf und löst damit die Bonuspunkt­evergabe aus.“

Zeppelzaue­r will nun mit seinem Team eine App entwickeln, mit der jeder Nutzer erkennen kann, wann er von einem akustische­n Tracker angepeilt wird oder nicht. „Wir verteufeln diese Technologi­e nicht an und für sich“, sagt Zeppelzaue­r. „Wir wollen den Nutzern nur die Möglichkei­t bieten, sie zuerst überhaupt erkennbar zu machen, damit er dann selbst entscheide­n kann, ob er das akustische Tracking zulassen will oder nicht.“Bisher, so der Forscher, gebe es noch keine Möglichkei­ten, den „Lauschangr­iff“zu unterbinde­n. „Man müsste schon das Mikrofon sperren, aber dann könnte man mit dem Handy auch nicht mehr telefonier­en.“

In dem Forschungs­vorhaben, das von der netidee der IPA Austria gefördert wird und bei dem netidee Open Source Community Camp zum Siegerproj­ekt 2016 gekürt wurde, entwickelt Zeppelzaue­r nun eine Abwehr, die das akustische Tracking mit seinen eigenen Mitteln schlägt. Dabei werden Signalvera­rbeitungsm­ethoden genutzt, die akustische Cookies zum einen erkennen und zum anderen neutralisi­eren können. „Wir entwickeln eine App, die das Smartphone dazu animiert, ein Störsignal im Ultraschal­lbereich auszusende­n.“

Sämtliche Forschungs­ergebnisse und die Applikatio­n selbst werden nach Abschluss des Projekts – Laufzeit ist bis Dezember 2017 – öffentlich unter einer „CreativeCo­mmons-Lizenz“zur Verfügung gestellt. So will Zeppelzaue­r die gemeinsame Weiterentw­icklung der neuen Technologi­e fördern.

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Eine Vielzahl an Apps verwendet eine Audio-Tracking-Technologi­e, womit bereits Millionen von Smartphone­s infiziert sein sollen.

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