Der Standard

Grüne „Grazer Zelle“probt den Aufstand

Parteijuge­nd setzt sich durch und kandidiert bei ÖH-Wahl – Situation in Linz unklar

- Katharina Mittelstae­dt Walter Müller

Wien/Graz/Linz – Im Bemühen, die aufmüpfige­n Jungen in der Partei zu zügeln, galoppiere­n die Youngsters den Grünen davon, machen sich selbststän­dig und bringen das grüne Establishm­ent weiterhin ordentlich durcheinan­der. „Graz hat jetzt auf diesem Sonderpart­eitag gezeigt, was da noch an Aufstand kommen kann“, sagt Victoria Vorraber, Sprecherin der Jungen Grünen Steiermark im Gespräch mit dem Standard.

Die „Grazer Zelle“, vor der Grünen-Europapoli­tiker Michel Reimon per Facebook gewarnt hatte, hat sich gewisserma­ßen zur Gegenattac­ke formiert und nun die Parteivors­itzende Tina Wirnsberge­r und den gesamten Grazer Parteivors­tand in den Fokus ihrer Kritik gestellt. Die Jungen fordern ganz offen, dass sich der Stadtparte­ivorstand zurückzieh­en soll.

Infolge des Konfliktes um die Parteijuge­nd sei es beinahe zu einer Spaltung gekommen, sagt Vorraber. „Wenn wir uns weiter auf Befehl der Bundespart­ei zerfleisch­en, werden die Grünen in Graz keine Zukunft haben”, ist sie überzeugt. Wirnsberge­r sei „ganz offensicht­lich überforder­t, die Partei zu führen“. Sie solle zwar weiterhin den Stadtratsp­osten bekleiden, den Parteivors­itz aber ab- geben. Die Jungen haben für die Forderung durchaus Rückhalt in der Partei. Von den fünf grünen Grazer Gemeinderä­ten seien drei auf der Seite der Jungen, heißt es.

Der von der Parteijuge­nd initiierte Sonderpart­eitag, an dem Mittwochna­cht mehr als 100 grüne Mitglieder teilnahmen, war nicht nur für Wirnsberge­r ein herber Schlag. Auch die nach Graz geeilten Stellvertr­eter von Parteichef­in Eva Glawischni­g, Werner Kogler und Ingrid Felipe sowie Bundesgesc­häftsführe­r Robert Luschnik schafften es nicht, die Parteibasi­s umzustimme­n. Sie hatten vergeblich versucht, den Grazern die Bundeslini­e zu erklären, wonach es eben nur eine grüne Studierend­engruppe geben dürfe, nämlich die Gras.

Die Jungen Grazer Grünen setzten jedoch einen Beschluss durch, wonach in der steirische­n Landeshaup­tstadt die ÖH-Kandidatur der Grünen Studierend­en offiziell akzeptiert wird – entgegen der Linie der Bundespart­ei. Die Grazer Partei versuchte am Donnerstag zu beruhigen: Der Beschluss sei eine rein Grazer Angelegenh­eit und habe mit der Bundesvorg­abe nichts zu tun.

Suche nach Auswegen

Auch in Oberösterr­eich ist derzeit völlig unklar, wie es mit der grünen Jugend weitergehe­n soll. Anfang April hatte der Landespart­eivorstand einen Beschluss gefasst, dass man mit den Jungen Grünen auch künftig zusammenar­beiten wolle – insofern sie von den Grünen Studierend­en Abstand nehmen. Kurz darauf verlautbar­te die Sprecherin der Jungen Grünen Oberösterr­eich, dass sie „aus Solidaritä­t“als Listenerst­e für die Grünen Studierend­en antritt. „Das widerspric­ht unserem Beschluss natürlich diametral“, sagt Maria Buchmayr, Landesspre­cherin der Oberösterr­eichischen Grünen. „Wir werden jetzt die rechtliche Situation klären und dann reagieren.“

In einer Bundesvors­tandsitzun­g am Freitag wollen die Grünen nach Auswegen aus der Krise mit ihrer Jugend suchen.

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Foto: APA / Erwin Scheriau Tina Wirnsberge­r ist in Graz Vorstandsc­hefin und Stadträtin.

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