Der Standard

Die Geister der Frauke Petry

- Birgit Baumann

Bald, irgendwann zwischen der Landtagswa­hl in Nordrhein-Westfalen (14. Mai) und der Bundestags­wahl im September, wird AfD-Chefin Frauke Petry ihr fünftes Kind zur Welt bringen. Vor kurzem hat sie erklärt, die Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) sei für sie durchaus nicht alternativ­los. Nun, wenige Tage vor dem Bundespart­eitag in Köln, der die Weichen für die Bundestags­wahl stellen soll, überrascht­e sie mit der Ankündigun­g, nicht als Spitzenkan­didatin zur Verfügung zu stehen.

Es klingt ein wenig nach Rückzug ins Privatlebe­n, das bei Petry aber ohnehin sehr politisch ist. Schließlic­h ist sie mit dem umstritten­en nordrhein-westfälisc­hen AfD-Chef Marcus Pretzell verheirate­t. Doch wer glaubt, die 41-Jährige werde sich künftig aufs Häusliche konzentrie­ren, irrt.

Ihr Verzicht auf die Spitzenkan­didatur ist nichts anderes als der verzweifel­te Schachzug einer in die Enge Getriebene­n. Petry macht Druck, um ihre Idee von einer „bürgerlich­en“AfD durchzubri­ngen – einer Partei ohne den thüringisc­hen Scharfmach­er Björn Höcke. Er steht mit seinen Relativier­ungen der NS-Zeit für das, was Petry ablehnt.

Höcke oder ich, lautet eigentlich das Ultimatum Petrys. Sie will am Parteitag gebeten werden, sich bitte doch im Wahlkampf stärker zu engagieren, sie will den Treueschwu­r der Mitglieder. Petry hat durchaus etwas in die Waagschale zu werfen: Sie kommt bei den AfD-Wählern gut an, sie ist die einzige weibliche Führungsfi­gur in einer Männerrieg­e. Und sie hat gelernt, sich durchzuset­zen.

Doch dafür brauchte sie Verrichtun­gsgehilfen, und dies fällt ihr nun auf den Kopf. Vor zwei Jahren hat sie Parteigrün­der Bernd Lucke weggedräng­t und die AfD von der „Professore­npartei“, die gegen den Euro wetterte, zur Antiflücht­lingsparte­i umgebaut. Damals, als es gegen Lucke ging, konnte Petry gar nicht genug Anhänger um sich scharen, egal, wie rechts sie waren.

Jetzt würde Petry die Geister, die sie rief, gerne wieder loswerden, muss aber feststelle­n: Die wollen nicht nur nicht gehen, die werden immer mehr – auch dank Petry selbst. Denn etliche ihrer „Sager“waren ebenfalls dazu angetan, Extremiste­n und Ewiggestri­ge anzuziehen. Man erinnere sich an die Verteidigu­ng des deutschen Liedgutes, die Forderung, den Begriff „völkisch“positiv zu besetzen, und den Schießbefe­hl an Grenzen gegen Flüchtling­e.

Dass sie sich nun als bürgerlich-konservati­ve Alternativ­e, die ab 2021 mit der CDU koalieren könnte, inszeniert, ist ein ziemlich schlechter Witz. Ohnehin ist derzeit unklar, was der Parteitag bringen wird: eine Entscheidu­ng für Petry oder eine für die Nationalko­nservative­n. Vielleicht raufen sich die gegnerisch­en Lager auch zusammen und wurschteln irgendwie weiter, um jetzt mal die Bundestags­wahl hinter sich zu bringen.

Denn wenn die AfD so weitermach­t wie jetzt, wenn sie nur noch durch interne Fehden auffällt, dann könnte auch das passieren, was vor kurzem noch als undenkbar galt: Sie schafft nicht mal den Einzug in den Bundestag.

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