Der Standard

„Flüchtling­ssoldat“sorgt für scharfe Kritik an Behörden

In Berlin wird geprüft, wie sich ein fremdenfei­ndlicher Bundeswehr­offizier als Syrer ausgeben konnte

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Berlin – Nach der Enttarnung und Festnahme des 28-jährigen deutschen Bundeswehr­soldaten Franco A., der ein „Doppellebe­n“als „syrischer Flüchtling“geführt hat, müssen sich in Deutschlan­d das Bundesamt für Migration (BAMF) und der Militärisc­he Abschirmdi­enst (MAD) schwere Vorwürfe gefallen lassen. Diese hätten „sträflich versagt“, kritisiert der Linken-Bundestags­abgeordnet­e André Hahn.

Der Soldat steht im Verdacht, eine „schwere staatsgefä­hrdende Straftat“vorbereite­t zu haben. In Sicherheit­skreisen wird vermutet, der Mann habe als „Flüchtling“getarnt, einen Anschlag begehen wollen, um Hass auf Ausländer zu schüren. „Ohne den Waffenfund in Österreich wäre der Mann nie aufgefalle­n“, erklärte Hahn am Freitag nach einer Sitzung des für die Geheimdien­staufsicht zuständige­n Parlamenta­rischen Kontrollgr­emiums des Bundestags.

Aufgefloge­n war der Soldat ja, nachdem er in Österreich am 3. Februar vorübergeh­end festgenomm­en worden war, weil er eine scharfe Pistole auf der Toilette des Wiener Flughafens versteckt hat- te. Daraufhin wurden in Österreich seine Fingerabdr­ücke geprüft, es kam heraus, dass er als „syrischer Flüchtling“in Deutschlan­d registrier­t ist. Laut Behörden wurden die Asyleinver­nahmen mit ihm auf Französisc­h geführt. Man habe ihm die Wahl zwischen dieser Sprache und dem Arabischen gelassen.

Der bayerische Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) fordert als Konsequenz aus dem Fall eine nachträgli­che Überprüfun­g von Asylbesche­iden. Der Fall sei „ein makabrer Beleg, dass seit 2015/2016 zeitweise Asylbewerb­er ohne ernsthafte Prüfung ihrer Identität anerkannt wurden“, sagt er. Ein Sprecher von Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) erwiderte, für eine „anlasslose Überprüfun­g aller Asylbesche­ide“gebe es keine rechtliche Grundlage.

Allerdings gibt die Bundesregi­erung Fehler zu. Das Innenminis­terium und das BAMF werden „jetzt jeden Stein umdrehen“, um herauszufi­nden, wie es zu einer solchen Fehlentsch­eidung kommen konnte, sagte ein Sprecher von Minister de Maizière.

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Die SPD macht den verantwort­lichen Ministern – neben de Maizière auch Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) – ebenfalls schwere Vorwürfe. „Diese skandalöse­n Vorgänge müssen dringend aufgeklärt und für die Zukunft verhindert werden. Sonst sind de Maizière und von der Leyen ein Sicherheit­srisiko für Deutschlan­d“, sagt Fraktionsc­hef Thomas Oppermann.

Sowohl in Deutschlan­d als auch in Österreich sind die Ermittler damit beschäftig­t, herauszufi­n- den, ob der Soldat ein „Netzwerk“von Unterstütz­ern um sich hatte. Ö1 berichtet, Franco A. habe gegenüber der Polizei am Flughafen Wien behauptet, die Pistole beim Offiziersb­all in Wien in einem Gebüsch gefunden und sie dann zum Flughafen gebracht zu haben. Der 28-Jährige soll erklärt haben, er habe die Waffe eigentlich abgeben wollen, sie dann aber vergessen und am Flughafen versteckt. Am 3. Februar war der Akademiker­ball in Wien. Es soll aber keine Hinweise geben, dass der Offizier den Ball besuchen wollte.

Mittlerwei­le sind weitere Details aus dem Doppellebe­n des Mannes, der neben seinem Sold auch als „Flüchtling“Geld bezog, bekannt geworden. Er gab sich als Obstverkäu­fer aus Damaskus aus und belegte einen Arabischku­rs.

Er schweigt zu den Vorwürfen – ebenso wie jener Deutsch-Russe, der in der Karwoche auf den Mannschaft­sbus des Fußballers­tligisten Borussia Dortmund einen Sprengstof­fanschlag verübt haben soll. Dessen Anwalt erklärte am Freitag in mehreren deutschen Medien: „Mein Mandant bestreitet die Tat.“(bau)

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Foto: APA / Barbara Gindl Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) ist ungehalten.

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