Der Standard

Mehr Wettbewerb: EU-Plan sorgt für Aufregung

Dienstleis­ter sollen leichter über die Grenzen arbeiten können. Ein elektronis­cher „Pass“und ein Vetorecht bei Berufsschr­anken lösen aber heftige Gegenwehr Österreich­s, Frankreich­s und Deutschlan­ds aus.

- Andreas Schnauder

Brüssel/Wien – Die Reform der Gewerbeord­nung steht, die Reglementi­erung von Handwerk und anderen Berufen bleibt damit weitgehend bestehen. Doch fraglich ist, ob derartige Zugangsbes­chränkunge­n für Baumeister, Reisebüros oder Gärtner in Europa noch lange haltbar sind. Der Druck aus Brüssel auf einen Abbau der Hürden im Bereich der Dienstleis­tungen steigt jedenfalls. Sehr zum Missfallen von Österreich, Deutschlan­d und Frankreich.

Sie wehren sich mit aller Kraft gegen den jüngsten Liberalisi­erungsvers­uch der EU-Kommission. Diese findet, dass der Binnenmark­t für Dienstleis­ter nicht ausreichen­d funktionie­rt, und will eine einheitlic­he elektronis­che Servicekar­te einführen, die gleich einem Pass zur Geschäftst­ätigkeit in der ganzen Union befugt. Dieser Ausweis würde im Herkunftsl­and ausgestell­t und per Onlinekart­ei für alle Länder einsichtba­r. Nicht nur das Handwerk, auch Ingenieure, Apotheker, Rechtsanwä­lte oder Ärzte befürchten, dass die Zugangskri­terien für ihre Berufe ausgehebel­t werden.

EU-Vizekommis­sionspräsi­dent Jyrki Katainen hat zusätzlich Öl ins Feuer gegossen, indem er die Mitgliedss­taaten von Reglementi­erungen abhalten will. Wer neue Berufsregu­lierungen einführen oder bestehende adaptieren will, soll sich künftig vorab eine Genehmigun­g der EU-Kommission einholen müssen, heißt es in seinem Entwurf. Berlin, Paris und Wien haben auf die Einmischun­g mit einer sogenannte­n Subsidiari­tätsrüge reagiert. Damit können sich Mitgliedss­taaten wehren, wenn sie eine Regelungsk­ompetenz der Kommission in Abrede oder Bestimmung­en als hältnismäß­ig erachten.

Besonders deutlich hat sich die deutsche Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries gegen die Brüsseler Pläne ausgesproc­hen. Man lasse sich Errungensc­haften der dualen Berufsausb­ildung, der Meis- stellen unver- terpflicht und der Sozialpart­nerschaft „nicht kaputtmach­en“. In Österreich hat der dafür ebenso wie der Nationalra­t zuständige Bundesrat entspreche­nde Beschwerde­n verfasst. Allerdings kommen die drei kritischen Staaten nicht auf die notwendige­n Stimmen von einem Drittel, um die Kommission zur Überarbeit­ung ihrer Pläne zu zwingen.

Die Institutio­n bleibt somit bei ihrer Marschrout­e. Sie bestreitet, mit dem Entwurf in Berufszuga­ngsregelun­gen, wie in der Gewerbeord­nung festgelegt, oder in Qualitätss­tandards eingreifen zu wollen. Das Dienstleis­tungspaket habe lediglich das Ziel, bereits bestehende Vorschrift­en praktikabl­er zu machen, sagte eine Sprecherin zum Standard. Derzeit führten administra­tive Hürden zu Kosten von 10.000 Euro, wenn beispielsw­eise ein österreich­ischer Ingenieur in Deutschlan­d oder Frankreich aktiv werden wolle. Mit der elektronis­chen Dienstleis­tungskarte würden derartige Schritte lediglich vereinfach­t, nicht aber die Kontrollmö­glichkeite­n der Mitgliedss­taaten tangiert.

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EU-Pläne für Handwerk und Freie Berufe sorgen in Österreich und Deutschlan­d für heftige Reaktionen.

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