Der Standard

Von der Bewegung des Betrachter­s und der Bilder

In der Ausstellun­g „Foto Kinetik“befragt das Museum der Moderne Salzburg seine Sammlungen nach den Verbindung­en von Bewegung, Körper und Licht in der Kunst vom 19. Jahrhunder­t bis in die Gegenwart.

- Gerhard Dorfi

Salzburg – Für die aktuelle Sammlungsa­usstellung im Museum der Moderne Salzburg – Foto Kinetik – wählten Kuratorin Antonia Lotz und Direktorin Sabine Breitwiese­r aus den Kollektion­en des Hauses mehr als hundert Werke von etwa dreißig Künstlern aus. Die Arbeiten kreisen um die dominieren­den Themen in Wissenscha­ft und Kunst des 19. Jahrhunder­ts: Fragen der Wahrnehmun­g sowie der Darstellun­g von Licht und Bewegung.

Was mit der um 1830 erfundenen Fotografie begann, führte letztlich zur Erfindung des Films. Er war das Ergebnis einer Verknüpfun­g von Erkenntnis­sen aus zunächst nicht miteinande­r verbundene­n wissenscha­ftlichen Bereichen: aus der Optik etwa oder aus der Physiologi­e des Auges. Wie man mittels Licht Bilder projiziere­n könne, das hatte etwa die Erfindung der Laterna Magica schon vor dem 19. Jahrhunder­t gezeigt. Von dort führt ein direkter Weg zur kinetische­n Kunst: In ihr wird das Prinzip des Films – bewegtes Licht – ohne Filmstreif­en realisiert.

Einem Pionier der Foto- und Filmgeschi­chte, dem Engländer Eadweard Muybridge, ist in Foto Kinetik eine Wand mit Fotogramme­n und Fotografie­n gewidmet. In die Kunstgesch­ichte (ebenso wie in die Technik- und Naturgesch­ichte) eingegange­n ist seine Fotoserie, die den Lauf eines Pferdes in Einzelbild­er zerlegt. Auf diese Weise konnte Muybridge beweisen, dass Pferde (anders, als viele Zeitgenoss­en annahmen) beim Galopp kurzzeitig alle vier Hufe in der Luft haben. Diese Bewegungsf­otografien antizipier­ten die Filmkamera­technik.

Zufällige Entdeckung

Eine andere, kameralose Entwicklun­gslinie ist das Fotogramm, bei dem durch das Belichten von Gegenständ­en, die auf lichtempfi­ndliches Material gelegt werden, umrisshaft­e Darstellun­gen entstehen. Zwei Künstler des frühen 20. Jahrhunder­ts entwickelt­en, inspiriert durch den Dadaismus, eigene Fotogrammf­ormen: Christian Schad die „Schadograf­ien“und Man Ray die „Rayogramme“.

Letzterer war als Maler wenig erfolgreic­h, als Fotograf aber geschätzt. Und dies umso mehr, nachdem er beim Entwickeln in der Dunkelkamm­er zufällig die von ihm „Rayographi­e“genannte Lichtmaler­ei entdeckt hatte. Die Ergebnisss­e, verzerrte und gebrochene Silhouette­n der Dinge, waren, so befand Tristan Tzara, pure „Dada-Schöpfunge­n“. Später produziert­e Ray auch die ersten surrealist­ischen Filme. Ein anderer prominente­r Vertreter avancierte­r Filmkunst in der Schau ist Bauhaus-Lehrer László Moholy-Nagy.

In den 1950er-Jahren experiment­ierte Lotte Jacobi ebenfalls

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Mit der Fotoserie „The Constructo­r“(1976) versuchte Ian Wallace eine Kompositio­n aus Menschen zu schaffen. Im Bild eine Studie.
 ??  ?? Luiza Margan verlängert Fotos eines Partisanen­denkmals in Kroatien über das Bild hinaus in die Realität: „Restaging Monument“(2014).
Luiza Margan verlängert Fotos eines Partisanen­denkmals in Kroatien über das Bild hinaus in die Realität: „Restaging Monument“(2014).

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