Die besten jungen Redner
Früh übt sich, wer eine Meisterin oder ein Meister werden will: Beim Landesfinale des Redewettbewerbs Wien Xtra sprachen Jugendliche an, was ihnen am Herzen liegt, was sie ärgert, beschäftigt oder bewegt.
Wien – Über Politiker, die ausgrenzen. Über Kreuze in Schulen. Über die Tatsache, dass Frauen weniger verdienen als Männer. Aber auch über ihre unmittelbaren Probleme – etwa Identität oder den Druck, perfekt sein zu müssen – sprachen 19 Schülerinnen und Schüler am Donnerstag beim Landesfinale des Jugendredewettbewerbs im Wiener Rathaus.
„Diät ist mein zweitliebstes Wort nach Hashtag: ‚ Ich wäre so gerne skinny‘“, trug Teilnehmerin Jessica Angelina Kop (Berufsschule für Verwaltungsberufe) mit ironischem Unterton vor. Wenn sie ihren „freshen Slang“, wie sie selbst sagt, auspackt, klingt das so: „Vielleicht werde ich Rapperin, denn dann kann ich über andere spotten, wirke dabei musikalisch und kriege auch noch fettes Cash. Nein, viel besser: Ich werde Youtuberin, denn dann muss ich keinen Lehrabschluss machen. Alles, was ich als Frau dazu brauche, sind lange blonde Extensions.“Als Youtuberin könne sie das junge Publikum außerdem dazu bewegen, „teuren Blödsinn aus dem Internet zu kaufen“.
Was tun gegen Populismus?
Organisiert wird der Redewettbewerb von Wien Xtra, Kooperationspartner ist die Magistratsabteilung 13 – Bildung und außerschulische Jugendbetreuung. Auch dieses Jahr traten die Teilnehmer in drei Kategorien gegeneinander an: „Klassische Rede“, „Spontanrede“und „Neues Sprachrohr“. Bewertet wurden sie im Wappensaal des Rathauses von einer Expertenjury. Darunter die Gewinnerin des letzten Jahres, Anni Liu, die Schriftstellerin Julya Rabinowich oder Diana Köhle, Organisatorin und Moderatorin von Tagebuch- und Poetry-Slams. Auch der STANDARD war vertreten.
Jonas Schneider-Beron (AHS St. Ursula) sprach über rechte Tendenzen und Politiker, „die zu einfache Lösungen für komplexe Probleme vorschlagen“und wurde dafür zum Sieger in Spontanrede gekürt. „In letzter Zeit waren Parteien erfolgreich, die Populismus betrieben haben und gegen andere Menschen hetzen“, sagte Schneider-Beron. Er plädierte dafür, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. „Für ein friedliches Miteinander.“
Clara Berger hatte eine Rede über ihre Reisen nach Japan und Belgien vorbereitet. „Was mich an Belgien fasziniert, ist, dass es mehrere offizielle Sprachen gibt. Außerdem ist es ein wichtiges Land für die EU. Japan hat mir die Türe zu einer neuen Welt eröffnet. Aber die meisten wissen nicht sehr viel darüber und glauben, dass alle asiatischen Länder gleich sind“, sagt die junge Frau, die eine Hotellerie- und Gastgewerbelehre absolviert und die Berufsschule für Lebensmittel, Touristik und Zahntechnik besucht.
Wie sie reagieren würde, wenn jemand meine, dass Österreicher und Deutsche gleich seien, wollte die Moderatorin wissen. „Das fände ich nicht so schlimm“, sagt Berger. „Kommt ein Amerikaner zu mir, würde ich vielleicht sagen, dass das ist wie bei den USA und Kanada.“Gekürt wurde Berger zur Siegerin in der Kategorie „Klassische Rede“: Berufsschulen.
Im Bewerb „Neues Sprachrohr“– wo auch unkonventionellere Formate wie Rap oder PoetrySlam erlaubt waren – überzeugten Nicholas Campbell und Apollo Pamperl (beide Musikgymnasium Wien) mit ihrem Satireprogramm. Pamperl mimte einen Politiker, der hartnäckig den Fragen eines Journalisten ausweicht.
Weiter zum Bundesfinale
Den Siegern des Wiener Finales wurden Urkunden und diverse Sachpreise überreicht. Außerdem haben sie die Möglichkeit, sich Ende Mai beim Bundesfinale mit ihren Vorträgen zu behaupten.
Eigentlich, sagt Jessica Kop zum Schluss ihrer Rede, sei ihr Gewinnen gar nicht so wichtig. „Ich bin nur das Mädchen mit den versteckten Talenten, und ihr seht: Ich verliere den Faden und mich selbst dabei.“Gewonnen hat sie dennoch, nämlich den Tagespreis – und die Gunst des Publikums sowieso. (lib) phttp:// www.wienxtra.at