Der Standard

Mitterlehn­er weist schwarze Neuwahlgel­üste zurück

Nach dem Schlamasse­l rund um das schwarze Anti-Kern-Manifest stellt ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er klar, dass es auch für die ÖVP beim regulären Wahltermin 2018 bleibt. Parallel dazu besteht er aber auf einer To-do-Liste mit der SPÖ.

- Nina Weißenstei­ner

Wien – Zur schwarzen Blamage rund um die Broschüre, die Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern und seine angebliche­n rot-grünen Pläne verreißt, wollte sich in der ÖVP am Donnerstag niemand mehr offiziell äußern. Hinter den Kulissen war aber zu hören, dass Vizekanzle­r und Obmann Reinhold Mitterlehn­er angesichts des Machwerks im Sowjetstil, in der Parteizent­rale unter Generalsek­retär Werner Amon entstanden, „so sauer wie schon lange nicht mehr gewesen“sein soll.

Wie berichtet, weigern sich zudem sieben ÖVP-Landesorga­nisationen (also alle bis auf Niederöste­rreich und Wien), die darin angeführte­n „Argumente“gegen den roten Koalitions­partner unter die Leute zu bringen. Die einzig gute Nachricht zu dem Schlamasse­l: Aufgrund der geringen Stückzahl, versichert man, müsse die Broschüre erst gar nicht eingestamp­ft werden. Dennoch nährte die Bundespart­ei mit dem Druckwerk erneut die alten Gerüchte, dass sie schon für diesen Herbst Neuwahlen vom Zaun brechen will.

Kanzler Kern selbst stellte in mehreren Zeitungen klar, dass er keinem gemeinsame­n Antrag zustimmen werde – ein verfrühter Urnengang könne also allenfalls nur die Volksparte­i herbeiführ­en. Nachsatz: „Wenn sich die ÖVP davonmacht, kann ich sie nicht anbinden.“

Auf STANDARD- Anfrage will Parteichef Mitterlehn­er ein solches Szenario nicht auf sich sitzen lassen, und er erklärt, dass es beim regulären Wahltermin 2018 bleibe. Dazu kontert er: „Gut, dass Christian Kern seinen eigenen Vorwahlkam­pf endlich beenden will. Für mich steht ohnehin die Sacharbeit im Vordergrun­d – es gibt mehr als genug zu tun.“

In Anspielung auf die aktuellen gegenseiti­gen Blockaden rund um rot-schwarze Reformvorh­aben macht Mitterlehn­er zudem Druck „für gemeinsame Lösungen“. Etwa bei der Abschaffun­g der kalten Progressio­n, die aus Sicht der ÖVP für alle Steuerstuf­en gelten soll, bei der die SPÖ aber vor allem auch die Niedrigver­diener im Auge hat: „Wir müssen all jene stärken, die in der Früh aufstehen und arbeiten gehen“, beharrt Mitterlehn­er. Umverteilu­ng sei hier „keine Lösung“, hält er in Richtung SPÖ fest, und: „Erarbeiten kommt vor Verteilen.“

Um neue Betriebsan­siedelunge­n zu ermögliche­n, drängt der ÖVP- Chef auf eine Einigung zur Erhöhung der Forschungs­prämie von zwölf auf vierzehn Prozent – und zwar „rasch“, damit die Mittel ab 2018 wirksam werden können. „Im Sinne des Wirtschaft­sstandorts“stemmt sich der Vizekanzle­r hier explizit gegen „Junktimier­ungen“. Hintergrun­d: Die Sozialdemo­kraten bestehen im Gegenzug auf einen Kompromiss bei der kalten Progressio­n sowie auf eine Beschäftig­ungsoffens­ive für ältere Arbeitslos­e, „Aktion 20.000“genannt.

„Bis Juni“möchte Mitterlehn­er zudem eine „Grundsatze­inigung“zur Studienpla­tzfinanzie­rung. Sein Modell mit neuen Zugangsreg­eln etwa für Jus, Pädagogik und Fremdsprac­hen, aber auch mit Plänen für höhere Studienbei­hilfen hat er unlängst vorgelegt.

Paktieren statt feilen

In der SPÖ goutierte man den Entwurf zwar als „gute Verhandlun­gsgrundlag­e“, an der man allerdings „noch feilen“müsse. Nicht zuletzt deswegen hegt man in der ÖVP Befürchtun­gen, dass die Roten die Agenda auf die lange Bank schieben könnten.

Zu alledem pocht Mitterlehn­er auf flexiblere Arbeitszei­ten, sodass Gleitzeitb­eschäftigt­e bei Bedarf Zwölfstund­entage absolviere­n können. Generell will er am Arbeitsmar­kt „strukturel­le Probleme“abstellen – und nicht alles mit „mehr Förderunge­n lösen“. Die Komplexe Arbeitszei­tflexibili­sierung und Mindestloh­n hat die Regierung freilich an die Sozialpart­ner ausgelager­t, nur wenn sich diese bis Ende Juni nicht einigen, wollen Rot und Schwarz gesetzlich­e Maßnahmen setzen.

Bei der kalten Progressio­n, der Forschungs­prämie und der „Aktion 20.000“hofft die SPÖ auf Beschlüsse schon nächste Woche, wie man beim Ministerra­t versichert­e. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hingegen betonte am Donnerstag, seine Partei sei auch für den Fall eines Auseinande­rbrechens der Koalition gerüstet.

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Kanzler Kern und Vize Mitterlehn­er: Der ÖVP-Chef will „Vorwahlkäm­pfe“beenden und fordert „Lösungen“.

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